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20. April 2024
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Wolfgang Ambros sagt: „Sei immer du selbst!“

70. Geburtstag und 50-jähriges Bühnenjubiläum von Wolfgang Ambros bieten eine Menge Gesprächsstoff: Mit schau ließ der Jubilar bedeutende Ereignisse und große Momente Revue passieren. Lesen Sie hier das exklusive Interview.

Wolfgang Ambros im Porträt mit Gitarre
Seit 50 Jahren steht der Austro-Pop-Star Wolfgang Ambros auf der Bühne. © Defrancesco Photography

schau: „A großes Werk“: Happy Birthday, Wolfgang Ambros! Sieben Jahrzehnte sind vergangen. Sie blicken zurück auf eine Lebensgeschichte, die so definitiv nur
ein Mal auf dieser Welt gelebt wurde. Welche Augenblicke empfanden Sie dabei als besonders prägend? Worauf in Ihrem Leben sind Sie besonders stolz?

Wolfgang Ambros: Ich muss da gleich eine Sache klarstellen: Ich tue mich schwer mit Superlativen. Ich mache den Job seit 50 Jahren. Es gibt eine Unzahl von Erlebnissen. Aber in diesem Augenblick, wo ich meinen Geburtstag feiere, würde ich sagen, ich empfand meine Geburt als besonders prägend. Sicher spielte auch meine frühe Kindheit und Jugend eine große Rolle. Wo ma drauf kommt, wie das Leben wirklich spielt. Ich war ein Kind vom Land und immer schon anders. Natürlich hatte ich Freunde. Aber es gab viele, mit denen ich eher schlecht als recht auskam. Damit meine ich auch: davonlaufen, eingefangen und verprügelt werden. Das hat mich aber nicht eingeschüchtert, im Gegenteil – ich wurde „goschad“. Ich konnte sie mit Worten davon abhalten, mich zu schlagen und ihnen klarmachen, dass das, was sie tun, dumm ist. Ich war stolz darauf und das hat mein Selbstbild auch geprägt.

Am Anfang meiner Karriere mit der Band „Die No. 1 vom Wienerwald“ war es auch immer gang und gäbe, dass eine Prügelei unter den Anwesenden ausgebrochen ist. Vor allem um Frauen. Aber wir wussten auch, wann wir uns ruhig -verhalten sollten. Zum Beispiel Gert Steinbäcker, der Steirerbub, hat es genauso miterlebt wie ich. Durch Schmäh und die richtigen Worte habe ich mir einige Raufereien erspart.

„Die Blume aus dem Gemeindebau“: Sie gelten als Begründer des Austropops, Herr Ambros. Wer war eigentlich in all den Jahren Ihre Muse und hat Ihre Kreativität zum Blühen gebracht?

Sie sprechen wahrscheinlich vor allem die Frauen an. Aber Frauen haben nur wenig mit meinem Werk per se zu tun. Ich habe einer Frau auch keinen meiner Titel gewidmet. Die wahrscheinlich prägendste Gestalt war meine Muse Joesie Prokopetz, denn ohne ihn hätte es die Lieder auch nicht gegeben, wie „Die Blume im Gemeindebau“. Ich bin durch und durch ein Mann, so wie er auch, aber er ist der Einzige, der mir einfällt, wenn es um die musische Inspiration geht.

In späteren Jahren habe ich mich vor allem selbst motiviert – oder es waren kleine Erlebnisse im Leben, wie Beo-bachtungen. Ich weiß noch, wie ich in Griechenland im frühen Juni saß. Es war heiß und eine einzige Zikade zirpte. Im Hochsommer ist es ein Chor, aber an jenem Tag war es nur eine einzige. Diese einzige Zikade hat mir den ganzen Sommer zurückgebracht. Dieses Erlebnis bot natürlich Stoff für -einen Songtext. Ich bin sofort in mein Haus zurückgelaufen und schrieb das Lied „Der allerschönste Sommer“.

„A Mensch möcht i bleibn“: Das scheint geglückt. Zur Nummer sind Sie auch nicht geworden, höchstens zur Nummer 1 in den Charts. Worin lag die Schlüsselnote für Ihren Erfolg?

Ich glaube, es ist weniger eine einzelne Note, sondern eine Harmonie, die ich für mich entdeckte, wie jeder große Komponist. Ich würde sagen, ich bin ein guter Komponist. Und meine Schlüsselharmonie war G-Dur mit allen anschmeichelnden Harmonien, die es dazu gibt.

„Langsam wochs ma zsamm“: Wie empfanden Sie die Zeit im Trio „Austria 3“ mit Rainhard Fendrich und Georg Danzer und was haben Sie von dieser gemeinsamen musikalischen Reise mitgenommen?

Sehr, sehr viel. Vor allem wunderbare Erinnerungen. Jedes einzelne Konzert war großartig. Wir haben uns immer gegenseitig klargemacht, dass jeder Auftritt eine Herausforderung ist. Einer gewissen Wurschtigkeit haben wir immer rechtzeitig gegengesteuert. Zum Beispiel haben wir die Auftritts-zahlen von 20 auf sieben bis acht Gigs im Jahr reduziert. Aber unsere gemeinsame Zeit war jedes Mal ein Highlight. Lange Gespräche vor den Auftritten mit dem richtigen Schmäh. Wir sind dann oft in einer Limousine gesessen – nur wir drei und ein Chauffeur. Wenn wir jetzt noch zusammen wären, würden wir genau das tun und auch über jüngste Ereignisse sprechen. Genau so wie damals. Dass unser Georg dann Monate nach unserem letzten Konzert eingeschlafen ist, das war … da möchte ich jetzt nicht darüber sprechen. Aber es war eine Zeit, die keiner von uns davor je so erlebt hat oder nochmals erleben wird. 

„Für immer jung“: Mit Ihren Liedern haben Sie Österreichs Musikgeschichte mitgeschrieben und Generationen von Musikern beeinflusst. Wie geht Wolfgang Ambros persönlich eigentlich mit dem Alter um, ist die Musik wirklich ein Jungbrunnen und was geben Sie Neueinsteigern im Musik-bereich mit auf den Weg? 

Wenn man Musik als Vollberuf in Österreich ausübt, ist es sicher kein Jungbrunnen. Es ist eher so, dass einem dadurch graue Haare wachsen (lacht). Es kann sehr schwierig werden. Mit internationalen Verhältnissen ist es nicht zu vergleichen. Ein internationaler Hit und man hat ausgesorgt. Man kann natürlich noch weiterarbeiten, aber man muss nicht. Mein Tipp für die Jungen? Verbieg dich nicht und lass dich nicht verbiegen. Bleib dir treu, dem, was du bist, und dem, was du kannst. Sei immer du selbst.

„Verwahrlost, aber frei“: Sie haben immer wieder Songs über Menschen am Rande der Gesellschaft geschrieben. Wie viel Outlaw steckt eigentlich in Wolfgang Ambros selbst und woran wird das deutlich? 

Meine Reisen haben mich um die Welt geführt. Ich habe sie mir selbst organisiert und bin dort -geblieben, wo es mir gefallen hat. An Zeitpläne habe ich mich nicht gehalten. Meine Manager können Lieder davon singen. Zum Beispiel war ich einmal nicht da, weil ich noch eine Woche in Mexiko geblieben bin. Dabei habe ich viel gecampt. Ich brauche keine Fünf-Sterne-Hotels. Mir ist wichtig, Menschen bei meinen Reisen kennenzulernen, die so sind wie ich. Wenn das für einen Outlaw ausreicht, dann bin ich einer.

„Es is no ned vorbei“: Sie feiern heuer nicht nur Ihren 70er, sondern auch Ihr 50-jähriges Bühnenjubiläum mit zahlreichen Konzerten in Österreich. Was war Ihr bislang schönster Gig und welches Konzert wollen Sie gerne noch spielen?

Wie gesagt, ich mag keine Superlative, aber ein Gig fällt mir immer wieder ein. Es ist sicher eines der beeindruckendsten Dinge, die ich je erlebt habe. Und das war
das Open Air „Anti-WAAhnsinns-Festival“ in Wackersdorf 1968. Dort haben auch Udo Lindenberg und Herbert Grönemeyer gespielt. Und ich – als einziger Öster-reicher. Über 250.000 Zuschauer waren dort. Mein Auftritt war genau bei Sonnenuntergang, die Band war verklärt und ich war es auch. Und wir spielten so gut und mit voller Konzentration. Die -Atmosphäre war einfach einzigartig. Ich glaube, das wird niemand vergessen, der dort war. Könnte ich es mir aussuchen, würde ich noch gern beim „Burning Man“-Festival in der Wüste von Nevada auftreten. 

Danke für das Gespräch.