Naturerlebnis Seewinkel:
Naturerlebnis Seewinkel:
Fotoreise durch den Nationalpark

Winter im Seewinkel

Wem der Trubel im pannonischen Sommer zu viel ist, der findet im Winter die ersehnte Ruhe im Seewinkel. Doch auch in der kalten Jahreszeit steht das Leben nicht komplett still. Es läuft einfach nur alles ein wenig langsamer und ruhiger.

Der Seewinkel ist schon seit langer Zeit ein Mekka für Vogelbeobachter. Denn besonders im Sommer sind der Neusiedler See und die im Osten angrenzende Sumpflandschaft ein Anziehungspunkt für viele Federtiere. Wenn dann im Winter Kälte ins Land zieht und die Temperaturen in Richtung Gefrierpunkt und darunter fallen, kehrt Ruhe ein. Die Zugvögel sind bereits in Richtung Süden aufgebrochen, viele Säugetiere und alle Reptilien befinden sich im Winterschlaf, Touristen kommen nur noch vereinzelt in die Gegend. Dennoch hat das Naturschutzgebiet Seewinkel am östlichen Seeufer auch in der kalten Jahreszeit seinen ganz besonderen Reiz. Raubvögel streifen auf der Suche nach Essbarem über die flache Landschaft, im Schilfgürtel lebt die Bartmeise, die im Winter ihre Nahrung von ­Insekten auf vegetarisch umstellt. In und um die Ortschaften halten sich zahlreiche Singvögel auf. Rehe wagen sich hin und wieder aus ihrer Deckung und streifen durch die sumpfige Graslandschaft.

Diese atemberaubenden Fotos aus der Region Neusiedler See hat Birgit Machtinger geschossen. „Es heißt, meine Bilder strahlen Leichtigkeit aus und wirken beruhigend. Genauso fühle ich mich, wenn ich mit meiner Kamera in der Natur rund um den Neusiedler See unterwegs bin. Ich richte dabei den Fokus auf mein Inneres und bin im Einklang mit mir und meiner Umgebung. Gerade in so herausfordernden Zeiten wie diesen ist es wichtig, sich auf die schönen Dinge im Leben zu besinnen.“

Seewinkel ist mehr als nur See

Neben dem Neusiedler See sind auch mehrere kleine salzhaltige Lacken Teil der UNESCO-Kulturlandschaft Fertő-Neusiedler See (Ersteres ist der See auf Ungarisch). Auch diese sind ein Anziehungspunkt für viele Vogelarten. Für eine Sensation sorgte im Herbst 2021 das überraschende Erscheinen des Meerstrandläufers am St. Andräer Zicksee. Das letzte offiziell regis­trierte Exemplar dieser Gattung wurde 1850 in der Nähe von Apetlon erlegt. Im Jahr 1953 gab es eine mögliche, aber nicht bestätigte Sichtung. Im Sommer lebt dieser Vogel am Polarmeer, im Süden zieht es ihn – normalerweise – an die Ufer der Nord-, und Ostsee sowie des Atlantiks. Unter dem Radar der Medienöffentlichkeit wurden im heurigen Herbst auch die ebenfalls sehr selten auftauchenden Zwerggänse und Rothalsgänse im Seewinkel gesichtet.

„Bitte nicht stören!“

Wegen der Nahrungsknappheit und der niedrigen Temperaturen sind alle Tiere gefordert, möglichst wenig Energie zu verbrauchen. Deswegen ist es besonders wichtig, sie nicht in ihrer Ruhe zu stören. Schon eine einzige plötzliche Flucht beeinflusst den Energiehaushalt stark und kann lebensbedrohliche Folgen haben. Deshalb spielen die Beobachtungswarten im Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel (s. rechts) eine wichtige Rolle bei der nichtinvasiven Tierbeobachtung.

Neuer Zufluss für den See?

Heftig diskutiert wurde zuletzt über einen weiteren Zufluss zum Neusiedler See, um ihn vor dem Austrocknen zu bewahren. Die Wassermenge, die durch den Fluss Wulka und ein paar kleine Bäche in den See gelangt, reicht schon seit einigen Jahren nicht mehr aus, um den Wasserspiegel konstant zu halten. Er sinkt von Jahr zu Jahr, was für den Tourismus verheerende Folgen haben könnte. Deshalb gibt es Pläne, einen Kanal zwischen der Moson-Donau in Ungarn und dem See zu bauen. Zusätzlich soll damit der kontinuierlich sinkende Grundwasserspiegel im Seewinkel wieder gehoben werden. Manche Umweltschützer sehen darin einen zu großen Eingriff in die Natur. Demnach sei eine periodische Austrocknung für den See sogar nötig. Immerhin ist er in der Vergangenheit ein bis zweiMal pro Jahrhundert ausgetrocknet – dass er so lange Wasser hält wie aktuell, ist damit sogar eher untypisch.

Winterspaß auf dem Eis

Nicht nur der Wasserstand wird niedriger, sondern auch die Tage, an denen der See zugefroren ist. Komplett eisfrei war der See im gesamten Winter in den vergangenen 55 Jahren aber nur ein Mal: in der Saison 2005/2006. Besonders eisreich hingegen war der Winter 1994/1995 mit knapp 130 Tagen Eisdecke. Dieses Jahr könnte uns laut einigen Meteorologen ein außergewöhnlich kalter Winter bevorstehen.