Die Energiewende
Die Energiewende
zum klimaneutralen Burgenland

Stephan Sharma von Energie Burgenland im Interview: „Win-win für alle“

Der Wind dreht in Richtung Sonnenstrom: Stephan Sharma möchte die Kräfte der Natur voll nutzen, um das östlichste Bundesland zur ersten klimaneutralen Region der Welt zu machen. Welche Rolle jeder Einzelne dabei spielt, hat der Chef der Energie Burgenland im schau-Gespräch verraten.

Sich mit der Energiezukunft des Landes auseinanderzusetzen, ist für Stephan Sharma nicht nur ein Job. Der dreifache Familienvater ist von der persönlichen Moti­vation getrieben, nachfolgenden Generationen einen lebenswerten Planeten zu hinterlassen. Seit 2020 verfolgt der 41-Jährige dieses Ziel als Vorstandsvorsitzender bei der Energie Burgenland. schau hat ihn in der Zentrale in Eisenstadt zum Gespräch getroffen.

schau: Bis 2030 soll das Burgenland „klimaneutral“ sein. Was motiviert Sie persönlich, dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen?

Stephan Sharma: Wenn ich zurückblicke, möchte ich sagen können: „Ich habe alles getan, um die Klimakrise zu verhindern.“ Die größte Herausforderung ist, dass unsere Kinder das Burgenland einmal genau so genießen können, wie wir es genossen haben. Dafür müssen Veränderungen passieren. Der Vorteil ist, dass wir alles haben, was wir brauchen, um diesen Planeten zu retten. Wir arbeiten hier mit dem Gold des Burgenlands: dem Wind und der Sonne. Durch sie wird das Bundesland klimaneutral und auch wirtschaftlich stärker gemacht. Wir sind nicht nur ein Energieversorgungsunternehmen, wir sind eine Firma, die grüne Technologien für Menschen leistbar macht. Unsere Strategie läuft unter dem Motto „Change“. 

Welche Meilensteine werden bis 2030 ins Rollen gebracht? 

Es gibt insgesamt vier große Bereiche. Erstens werden wir das größte Investitionsprogramm in der Geschichte des Burgenlands durchführen. Zwei Milliarden Euro werden in den Wirtschaftsstandort investiert, das gab es bisher noch nie. Dieses Programm kommt sowohl Privathaushalten als auch der Industrie zugute und beschäftigt sich zu einem großen Teil mit Photovoltaik. Dafür muss auch die entsprechende Netzinfrastruktur im Mittel- und Südburgenland geschaffen werden – hierzu bauen wir das Stromnetz um 70 Kilometer von Oberpullendorf nach Rotenturm und von dort bis Güssing aus. Der zweite Punkt ist die neue Webseite www.weiterdenker.at, die sozusagen ein One-Stop-Shop für Klimaneutralität ist. Die User können einen Beitrag zu einem klimafreundlichen Burgenland leisten und kostenlos einen Baum pflanzen oder eigene Ideen posten. Drittens: das neue Programm der eigenen Photovoltaikanlage zum Abo-Preis. Wir geben die Möglichkeit, Sonnenstrom selbst leistbar zu produzieren. Man spart sofort. Die Kunden sind der vierte und wichtigste Punkt. Alles, was wir machen, tun wir für die Burgenländer. Am Ende entscheidet der Kunde. Wenn die Burgenländer sagen, dass das Produkt oder das Angebot nicht gut ist, dann werden wir es anpassen. Und zwar so, dass es den Kunden­bedürfnissen entspricht. 

Pumpenpeter, Sonnenmarie und -max: Mit diesen fast märchenhaften Namen geben Ihre Programme für die Nutzung erneuerbarer Energien Aussicht auf ein Happy End. Welchen Nutzen haben die Kunden davon?

Für die meisten Kunden muss der Strom aus der Steckdose kommen und der Lichtschalter funktionieren. Da fehlt die Emotion. Wir sind eben nicht mehr nur ein reines Energieunternehmen. Die Kunden sollen stolz sein, dass sie die eigene Wärmepumpe und Photovoltaikanlage haben – weil sie so an einer klimafreundlichen Welt mitarbeiten. Wenn man sich die Frage stellt, wieso im Burgenland so wenige Dachphotovoltaik­anlagen installiert sind, ist die Antwort ganz einfach: Sie sind für viele Menschen nicht leistbar. Die Energie Burgenland bietet jetzt die nötige Technik wie ein Net­flix-Abo an. So kann der Kunde selbst grüne Energie nutzen und muss sich nicht sorgen, dass die Gas- oder Ölpreise steigen. Mit Pumpenpeter, Sonnenmarie und -max ist man unabhängig und trägt keine Investitionskosten. Nach zehn Jahren gehört das Produkt – die Wärmepumpe oder die Photovoltaikanlage – dann dem Kunden. Das Angebot kommt gut an, pro Tag werden jetzt zwei bis drei Anlagen installiert.

Wie sehen Sie der Zukunft entgegen? 

Das Burgenland hat vor Jahrzehnten Pionierarbeit im Windenergiebereich geleistet und ist dies­bezüglich die Nummer eins in Österreich. Photovoltaik ist noch einmal günstiger als Windenergie. Mit Sonnenenergie könnte der Energiebedarf der ganzen Welt in kürzester Zeit abgedeckt werden. In diesem Bereich wurde im Burgenland in den letzten Jahren zu wenig umgesetzt. Das ist unlogisch, weil wir das Bundesland mit den meisten Sonnenstunden sind. Photovoltaik muss genutzt werden, um das Klimaziel zu erreichen. Deswegen auch die Programme Sonnenmax und -marie. Entweder für die Photovoltaikanlagen am eigenen Haus oder für Sonnenstrom von den Ackerflächen im Burgenland. Der Boden nimmt durch die Flächen-Photovoltaikanlagen keinen Schaden. Das macht Mehrfachnutzung wie auch landwirtschaftliche Grünschnittnutzung für Tiere möglich. Außerdem werden Blühwiesen für Bienen angebaut. Die Anlagen werden begrünt umzäunt. Das bedeutet, optisch stört die Flächen-Photovoltaik das Landschaftsbild nicht. Das ist ein Win-win für alle und die Bio-Diversität wird auch gefördert.

Danke für das Gespräch.

Energiezukunft auf Burgenländisch

Win(d) of Change

Die neue Strategie des Unter-nehmens heißt „Change“ und -umfasst mehrere Projekte. Dazu gehören unter anderem die Bürgerbeteiligung, eine Kooperation mit den ÖBB und eine klimaneu-trale Diözese. Kurz gesagt: eine Gemeinschaft rund um erneuerbare Energien.

Im (Cash) Flow

Die Investition von zwei Milliarden Euro sichert eine Wertschöpfung von 830 Millionen Euro -sowie 9.200 Arbeitsplätze. Der Output erneuerbarer Energien im Burgenland wird verdreifacht. Eingespart wird nur beim CO2: Dieses wird um eine Million -Tonnen verringert.

Warum das Ganze?

Die Klimaentwicklung seit 1980 zeigt einen globalen Temperaturanstieg um 0,7 Grad bis 2019.
Bei einem Anstieg von 1,5 Grad kommt es zu Dürren, einem -Anstieg des Meeresspiegels und Wasserengpässen. Zeitgleich ist die Anzahl der Naturkata-strophen seit den 1980er-Jahren um
300 Prozent gestiegen.

Generation Zukunft

Bis 2030 soll Österreich klima-neutral werden und 21 Terawattstunden (eine Milliarde Kilowattstunden) aus Photovoltaikanla-
gen und Windenergie gewinnen. Politisch gesehen ist das die Antwort auf das Klimagesetz 2021 und das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG). 

Zurück zum Ursprung

Energie aus Photovoltaikanlagen und Wind ist im Vergleich zu -fossiler Energie aus Kohle, Atomkraft oder Batterien am günstigsten. Das bedeutet konkret: Nicht nur der Verbraucher spart Geld, sondern auch die -Industrie. Heute verbraucht das Burgenland noch zwei Millionen -Tonnen CO2. Bis 2020 soll diese Zahl am Nullpunkt angelangt sein.