Snowboarder in Österreich: Goldene Stars auf dem Board
In der Skination Österreich standen Snowboarder lange im Schatten von Legenden wie Hermann Maier oder Benjamin Raich. Inzwischen wendet sich das Brett für sie, wie Anna Gasser und Benjamin Karl zuletzt in Peking bewiesen haben.
Die alles entscheidende Frage sorgt meist schon in der Schulsportwoche für heiße Diskussionen: Skifahrer oder Snowboarder? Für viele gleichgesetzt mit: Tradition oder US-Trend? Dabei hat auch der Vorläufer des Snowboards seine Ursprünge in der Alpenrepublik: Schon im späten 19. Jahrhundert ritten österreichische Bergleute lange Holzbretter mit einem Seil oder Lenker, um den Berg schnell hinunterzukommen. Etwas später, 1900, entwickelte Toni Lenhardt den Monogleiter. Dieser wurde so populär, dass Lenhardt sogar einen Monogleiter-Wettbewerb initiierte. Leider etablierte sich seine Erfindung letztlich nicht auf dem Markt – und so wurden die entscheidenden Entwicklungen in Richtung Snowboard viele Jahre später in den USA gemacht. Jake Burton machte das Brettl schließlich in den 1970er-Jahren groß.
Snowboarder: Vom Rand- zum Trendsport
Der Snowboard-Trend erreichte Österreich 1986, als erstmals von der Abfahrt von „Schneesurfern“ am Großglockner berichtet wurde. Zwölf Jahre später holte Pionierin Gitti Köck die erste Snowboard-Olympiamedaille (Bronze) aus Nagano nach Österreich. Wie sie später erzählte, wurden sie und die anderen Profis damals noch belächelt. Zum Glück hat sich seither viel getan. Dafür haben nicht nur Größen wie Gitti Köck, Stefan Gimpl, Julia Dujmovits und Manuela Riegler mit ihren Erfolgen gesorgt. Auch unsere vier Snowboard-Olympiasieger 2022 tragen dazu bei – Anna Gasser (Gold / Big Air), Benjamin Karl (Gold / Parallel-Riesenslalom), Alessandro Hämmerle (Gold / Snowboardcross) und Daniela Ulbing (Silber / Parallel-Riesenslalom).
Mit viel Mut ins Ziel
Anna Gasser startete ihre Snowboard-Karriere recht spät und musste viel Durchhaltevermögen beweisen, um sich ihren Traum von einer Top-Platzierung zu erfüllen. Heute gilt sie als erste Frau, die einen „Cab Triple Underflip 1260“ – einen dreifachen Rückwärtssalto mit halber Drehung – stehen kann. Bei den Winterspielen in Peking verteidigte die 30-jährige Kärntnerin ihren Big-Air-Titel von 2018.
Blickt man auf die Laufbahn und die Erfolgsbilanz von Benjamin Karl zurück, weiß man, dass es bis dato keinen erfolgreicheren alpinen Snowboarder gegeben hat. Die Visitenkarte des 36-jährigen Niederösterreichers kann sich sehen lassen: Olympiasieger, fünffacher Weltmeister und dreifacher Gesamtweltcupsieger. In Peking erlebte Karl den vorläufigen Höhepunkt seiner Karriere: Der Spitzensportler holte sich seine erste Olympia-Goldmedaille. Für Karl geht damit ein Lebenstraum in Erfüllung: „Olympiasieger zu werden – das habe ich mir damals als Zehnjähriger auf einen Zettel als Wunsch geschrieben.“ An ein etwaiges Karriereende denkt er noch lange nicht: Bei den Olympischen Spielen 2026 in Italien möchte Karl auf jeden Fall noch einmal Vollgas geben.
Interview mit Christian Galler, ÖSV-Snowboardchef
Welche Bilanz ziehen Sie aus den Olympischen Winterspielen?
Ich betrachte es als Jackpot, wenn man in jeder Sparte und Disziplin mit einer Goldmedaille nach Hause kommt. Das Team war schon im Vorfeld sehr stark, deshalb war der Erfolg für mich auch ein bisschen berechenbar. Bei der Anreise hatte ich fünf Sektflaschen für die Medaillengewinner dabei, die ich im Kopf hatte. Vier sind es letztendlich geworden, dazu ein vierter Platz – ich lag mit meiner Einschätzung also nicht weit daneben. Ich hoffe, dass wir das in vier Jahren wiederholen können, leicht wird das aber nicht.
Welche Schwerpunkte setzt der ÖSV künftig im Snowboarder-Sport?
Wir haben ein neues Präsidium, dessen Hilfe ich benötige, wenn es um die kommenden Schwerpunkte im Snowboard-Sport geht. Besonders wichtig wäre die Nachwuchsarbeit. Heutzutage ist es nicht mehr einfach, Kinder und Jugendliche für Sport zu begeistern. Wir müssen in diesem -Bereich starke Akzente setzen, um junge Snowboarder von der Basis an die Weltspitze führen zu können. -Geplant ist nicht nur die Weltmeisterschaft im Montafon 2027, die einen Impuls für den Wintersport setzen und Kinder wieder auf den Berg -bringen soll. Auch überregionale -Leistungszentren sind angedacht.
Wie sieht es derzeit beim Nachwuchs aus?
Man muss sich schon bemühen, Kinder zum Sport zu bringen und sie dementsprechend weiterzuführen. Wir sind in den Bundesländern unterschiedlich stark aufgestellt und haben jetzt noch eine Zwischenliga, die von der Leistungsdichte her ganz gut funktioniert – das zeigen auch die Ergebnisse des Europacups und der Junioren-WM. In den nächsten acht bis zehn Jahren muss man aber -aufpassen, dass man den Anschluss nicht verliert.
Welche Snowboard-Großereignisse stehen als Nächstes an?
Der nächste Großevent ist die Junioren-Weltmeisterschaft in der Schweiz im März 2022. Danach folgen im Zweijahresrhythmus die Weltmeisterschaften – 2023 in Georgien, 2025 in der Schweiz und, wie vorher angesprochen, 2027 im Montafon in Vorarlberg. Und natürlich stehen in vier Jahren wieder die Olympischen Winterspiele an.