Richard Woschitz über nachhaltiges Bauen: „Wir können einen großen Beitrag leisten“
Der Klimaschutz spielt auch in der Bauwirtschaft eine immer größere Rolle. Vorreiter Richard Woschitz erklärt im Interview, wie er das „3R“-Prinzip – Reduce, Reuse, Recycle – bei seinen Bauprojekten erfolgreich auf den Boden bringt. Das aktuell prominenteste Beispiel: die multifunktionale „Sport Arena Wien“.
Ob Wohnbauten, Bürokomplexe oder riesige Einkaufszentren: Dass für die Errichtung von Gebäuden enorme Mengen an Materialien benötigt werden, liegt auf der Hand. Welche Rohstoffe dafür genutzt werden, entscheidet über Schaden oder Nutzen für unseren Planeten. „Um zum Beispiel eine Tonne Rohstahl herzustellen, werden rund 1,7 Tonnen an CO2-Emissionen erzeugt“, weiß Bauingenieur Richard Woschitz von der Woschitz Group. Im Gegensatz dazu ist Holz ein energieneutraler, nachwachsender Rohstoff, der noch dazu leicht und tragfähig ist sowie wärmedämmende Eigenschaften besitzt.
Trennen oder sprengen?
Im ökologischen Bau steckt aber weit mehr als die Auswahl des richtigen Materials. Das Motto lautet „Reduce, Reuse, Recycle“: An erster Stelle steht immer ein möglichst geringer Ressourcenverbrauch, der etwa durch Leichtbauweise erreicht werden kann. „Reuse“ zielt auf den Bereich der Weiternutzung des Vorhandenen ab. In einem dritten Schritt versucht man, Altstoffe bestmöglich zu recyceln. „Wie Wiederverwendung und -verwertung umgesetzt werden können, zeigt der Abriss von Gründerzeitbauten in Wien, die um die Jahrhundertwende errichtet wurden. Das Material wird beim Abbruch getrennt. Aus den Holzelementen und Balken entstehen unter anderem Möbel, Ziegel werden weiterverkauft und für die Errichtung von Gewölben und Weinkellern genutzt“, erklärt Woschitz. „Bei vielen neueren Betonbauten geht das aber nicht, weil man die Komponenten gar nicht sauber voneinander trennen kann – da geht eigentlich nur mehr Brechen mit hohem Energieaufwand.“ Deshalb ist es in der nachhaltigen Gebäudeplanung so wichtig, den gesamten Lebenszyklus von Bauteilen und -stoffen zu berücksichtigen.
Megaprojekt im Prater
Aktuelles Vorzeigebeispiel für das 3R-Prinzip ist die „Sport Arena Wien“, die bis Ende 2023 am Handelskai entsteht. Zentrales Element des Neubaus ist eine große Ballsport-Halle mit flexiblen Tribünen, auf denen bis zu 3.000 Menschen Platz haben. Halbiert man die Halle, stehen zwei Handball- oder Hockeyfelder zur Verfügung. Es ist aber auch möglich, sie zu vierteln, um vier Volleyball-, Basketball- oder Badmintonfelder unterzubringen. Das zweite Modul der Arena ist eine Kunstturnhalle, die vor allem dem Training dient, aber auch kleine Wettbewerbe vor Zuschauern ermöglicht. Im oberen Teil wird der rund 24 Meter hohe Bau durch eine Leichtbauhalle für Leichtathletik abgeschlossen, die ebenfalls hauptsächlich für Trainingszwecke gedacht ist. Sie verfügt über eine 200-Meter-Laufbahn und eine 60-Meter-Bahn für die Sprinter. Hinzu kommen Flächen für Kraft-, Fitness- und Motoriktraining. Für die Planung des rund 50 Millionen Euro schweren Projekts sind „Karl und Bremhorst Architekten“ gemeinsam mit dem Unternehmen RWT Plus der Woschitz Group im Einsatz. „Das Projekt geht im Herbst mit dem Abriss des in die Jahre gekommenen Dusika-Stadions los“, erzählt Woschitz.
Außenhülle aus Holz
Was mit dem Material des alten Stadions passiert? „Zum einen setzen wir auf Recyclingbeton. Dafür wird das Abbruchmaterial vor Ort neu gemischt und verarbeitet, sodass auch der Lkw-Verkehr für die Anlieferung neuer Rohstoffe wegfällt. Zum anderen binden wir die ehemalige Radbahn mit ein, indem wir das Holz als Schalung für die Betonaußenseite verwenden. Die Außenhülle des Neubaus bekommt also einen Abdruck des alten Gebäudes.“ Auf kluge Kombinationen von Holz und anderen Baustoffen wie Beton oder Stahl setzt der gebürtige Burgenländer übrigens schon lange. Sein Know-how im Bereich Hybridbau ist bereits in Prestigeprojekte wie das Wiener „Ho Ho“ oder das „HAUT, Amsterdam“ eingeflossen. Beide Gebäude spielen in Sachen Nachhaltigkeit ganz vorne mit, ebenso wie die „Sport Arena Wien“: Mit dem Ziel Energieautarkie wird Photovoltaik in der Sportarena ebenso zum Einsatz kommen wie Solar- und Geothermie.
Die Zukunft wird grüner
Woschitz ist sich sicher: Das Thema nachhaltiges Bauen wird die Branche in den nächsten Jahren vermehrt beschäftigen. Dafür sorgen nicht zuletzt immer strengere EU-Vorgaben. „Langfristig werden alle umdenken müssen.”
Woschitz Group
Das erste Unternehmen der Woschitz Group wurde 1996 von Richard Woschitz gegründet. Heute gehören bereits sechs Unternehmen zur Gruppe. Ein Netzwerk an Ziviltechnikbüros in Wien, Feldkirchen (RWT Plus), Eisenstadt, Oberwart (Woschitz Engineering) und Mödling (DWP Ingenieure) bildet die Basis. Dazu kommen Kompetenzzentren für die Projektentwicklung (Pannonia Consult) und die Immobilienbewertung (InterREC). Außerdem erstellt die Woschitz Group als Sachverständigenbüro Befunde und Gutachten.