Reiseautor Michael Schottenberg als Österreich-Entdecker
Indien, Vietnam, die Nordsee, Frankreich: Michael Schottenberg kennt die Welt. Das eigene Land war ihm aber beinahe unbekannt. Die Pandemie nutzte er, um Erstaunliches, Kurioses, Wunderschönes und vor allem Menschliches in Österreich zu entdecken. Seine Erlebnisse sind nun als Buch erhältlich.
Er ist Schauspieler, Regisseur, „Dancing Star“ und seit 2018 Reiseautor. Michael Schottenberg blüht förmlich auf, wenn er über das Reisen spricht. Wir können am Telefon zwar nicht seine Augen sehen, aber es ist nicht schwer, sich das Strahlen und Leuchten in ebendiesen vorzustellen, wenn er von der Welt und vor allem von Österreich spricht. Reisen, ist „Schotti“ überzeugt, ist immer eine Reise zu den Menschen und zu sich selbst. Seit Kurzem ist sein neuestes Buch „Schotti to go: Österreich für Entdecker“ erhältlich.
Woher kommt Ihre Leidenschaft fürs Reisen?
Michael Schottenberg: Reisen ist für mich seit jeher das Entdecken von Geschichten. Ich habe mein Leben lang nichts anderes gemacht. Mich faszinieren die Geschichten hinter den Geschichten. Ich reise nicht zu Bauwerken oder Sehenswürdigkeiten, sondern zu Menschen. Sie sind es, die mich interessieren, wo immer sie sind – ob im Mühlviertel oder in Vietnam, in Indien oder in Vorarlberg. Aus diesen Begegnungen lerne ich. Die Landessprache ist dabei sekundär. Man kann mit allen Menschen auf der Welt sprechen, wenn man will. Jeder versteht die Sprache des Herzens: Humor, Gesten, Zeichen, Mimik, ein Lächeln. Vor allem, wenn es um sinnliche Dinge geht, wie etwa Essen, Trinken, Feiern, Beisammensein, findet man einander sehr schnell.
Reisen in Corona-Zeiten ist ja nicht unbedingt viel leichter geworden …
Michael Schottenberg: Innerhalb der Grenzen reise ich extrem viel. Ich mache das, was möglich ist, und gehe mit all den Schwierigkeiten, die sich derzeit rund ums Reisen ergeben, so gut wie möglich um. Vergangenes Jahr war ich in ganz Österreich unterwegs – mit Maske und Rucksack! Ich habe mein eigenes Land kennengelernt, was noch viel spannender war als jede Auslandsreise. Denn ich muss gestehen: Ich kannte Österreich und seine Bewohner fast gar nicht. In Vorarlberg war ich kaum je, von Osttirol ganz zu schweigen. Das Burgenland war für mich der Neusiedler See, das war’s! Generell ist es ja oft so, dass man das Schöne vor der eigenen Haustür gar nicht sieht oder wertschätzt. Durch die Beschränkung, im eigenen Land zu bleiben, habe ich den größtmöglichen Schatz erfahren und bin dadurch bis heute positiv geblieben, trotz Pandemie.
Man lernt ja nie aus: Gibt es etwas, das viele Einheimische über Österreich noch gar nicht wissen?
Michael Schottenberg: Die Vielfalt unseres herrlichen Landes und die Herzensgüte der Menschen sind wohl nur den Wenigsten bewusst. Jede Region ist anders. Da gibt es zum Beispiel die wunderschöne und mit einer besonderen Aura umgebene steirische Toskana, die Südsteiermark. Dort, an der Grenze zu Slowenien, lebt ein Mann, der die weltberühmte Knopferl-Harmonika herstellt. Seine grandiose Gelassenheit ist wahrscheinlich auf die betörende Landschaft zurückzuführen. Und dann gibt es die herrlich kauzige Verschrobenheit der Vorarlberger, deren Sprache wie Musik klingt und die die besten Käsesorten herstellen, wie zum Beispiel „Sura Kees“. Oder der Tiroler Schiachenschnitzer, der Salzburger Hanswurscht, der Burgenländer, der mit Düften tanzt … Was gibt es da nicht alles zu erzählen! Eine Reise durch Österreich beruhigt die Seele und eröffnet neue Welten, Überraschungen, Schätze und Wunderwerke.
Von all diesen tollen Reiseerlebnissen handelt Ihr neues Buch “Österreich für Entdecker“.
Michael Schottenberg: Genau. Ich erzähle vom prachtvollen Wassersteig zwischen Rax und Schneeberg, im Quellgebiet der ersten Wiener Wasserleitung. Ich bin auf den Spuren des Dramatikers Ferdinand Raimund gewandelt, nämlich am Kreuzweg am Mariahilfberg in Gutenstein. Auch der Forellenzirkus im Innviertel ist einzigartig. Oder die Graffiti-Bilder im Linzer Hafen: ein Freilichtmuseum der ganz besonderen Art! Auch die VÖEST ist einen Besuch wert: Museum und Kohlehalden. Das Tröpferlbad in Wien wiederum ist ein Geheimtipp: Jeder kennt es, aber keiner war je da!
Haben Sie „Forellenzirkus“ gesagt?
Michael Schottenberg (lacht): Ich habe mir darunter auch nichts vorstellen können. Hansi, der Streichelfisch zum Beispiel, ist eine fette, sanftmütige Forelle, die man streicheln kann. Dabei grunzte der Hansi genüsslich! Danach führte mir der Dompteur ein Flusskrebschen vor, das einen Kopfstand macht. Der Höhepunkt der Vorstellung waren Forellen, die durch einen Reifen gesprungen sind. Es wird aber noch kurioser: Ball spielende Forellen! Eine Forelle hat einen Ball in ein Mini-Tor geköpfelt, der Dompteur hat dazu die berühmt-berüchtigten Worte „I werd narrisch!“ geschrien. Ich dachte, ich hör und seh nicht recht! Was muss man da ans andere Ende der Welt fahren, wenn man all das Kuriose im eigenen Land hat?
Wohin wird die nächste Reise gehen?
Michael Schottenberg: Ins Burgenland. In den kommenden Jahren werde ich „Schotti to go“-Reisebücher für alle Bundesländer schreiben. Den Beginn macht das Burgenland, das ja heuer seinen 100. Geburtstag feiert. Danach ist Wien dran. Ich freue mich schon riesig darauf!
Vielen Dank für das Gespräch!