Interview über
Interview über
Chancen und Trends

Nikolaus Berlakovich: Regionalität liegt voll im Trend

Nikolaus Berlakovich ist nicht nur selbst Landwirt, er hat sein gesamtes Berufsleben in den Dienst der Landwirtschaft gestellt. Ein Gespräch mit dem Präsidenten der Landwirtschaftskammer Burgenland über die Chancen durch Corona und einen wachsenden Trend.

Das alles beherrschende Thema im heurigen Jahr ist die Corona-Krise. Welche Herausforderungen hat die Krise aus Ihrer Sicht für die Bauern im Burgenland mit sich gebracht?

Nikolaus Berlakovich: Corona ist eine riesige Herausforderung. Unser Ziel war und ist, die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichend ­Lebensmitteln zu sichern. Die ersten Betriebe, die betroffen waren, waren die Gärtnereibetriebe, wo fertige Ware durch den Shutdown vernichtet werden musste. Urlaub am Bauernhof, Winzer, die die Gastronomie beliefern, Fleischproduzenten, fast alle Branchen der Landwirtschaft waren negativ betroffen. Dennoch ist es gelungen, die Transportkette aufrechtzuhalten, die kommende Ernte zu sichern und die Lebensmittelversorgung zu garantieren.

Die Positionierung der landwirtschaftlichen Betriebe als zentrale Player in der Nahversorgung hat in den letzten Wochen einen starken Auftrieb erlangt. Ande­rerseits hört man über große Probleme, zum Beispiel bei der Zuckerproduktion. Hier gibt es ganz andere Signale und Probleme. Wie passt das zusammen?

Nikolaus Berlakovich: Hier wird der Widerspruch klar. Der ganz klare Trend durch Corona ist Regionalität. Die Menschen schätzen regionale Versorgung. Nicht nur in der Gesundheitsversorgung, sondern auch in der Lebensmittelversorgung. Das ist einer meiner Arbeitsschwerpunkte als Kammerpräsident. Die Menschen schätzen es, wenn es einen Direktvermarkter oder Ab-Hof-Verkauf gibt, bis hin zum Handel, der ­regionale Lebensmittel anbietet. Und hier liegt die Riesenchance für unsere Landwirte.

Weil Sie den Zucker ansprechen: Hier geht es um die Sicherung der heimischen Zuckerversorgung. Die Zuckerrübe hat derzeit einen enormen Preisverfall und einen hohen Schädlingsdruck. Erdfloh, Blattläuse etc. vernichten die ­Zuckerrübenfläche und die Fläche geht deutlich zurück, besonders im Burgenland. Notfallzulassungen für die Schädlingsbekämpfung werden seitens des Landes Burgenland nicht mehr erteilt, was den burgenländischen Zuckerrübenbauern einen deutlichen Nachteil gegenüber den Bauern in den Nachbarbundesländern Niederösterreich, Oberösterreich und Steiermark sowie den Nachbarländern Slowakei und Ungarn bringt. Daher unser dringender Appell an die Landesregierung, Chancengleichheit herzustellen und den Einsatz von Pflanzenschutzmittel in Form von Notfallzulassungen aus der Notwendigkeit heraus zu ermöglichen.

Der Begriff Nachhaltigkeit ist derzeit in aller Munde, auch bei den Konsumenten. Wie verträgt sich das Ziel, das Burgenland als Bio-Musterland zu positionieren mit Krisensituationen wie Corona?

Nikolaus Berlakovich: Das Burgenland war bereits Bio-Vorzeigeland, bevor die Landesregierung mit der Bio-Wende 100 Prozent Bio ausgerufen hat. Laut einer aktuellen Studie der EU-Kommission liegt das Burgenland neben Salzburg in Österreich an der Spitze der Bio-Landwirtschaft. Seit Jahrzehnten berät die LWK in Richtung Bio-Produktion. Ob Ackerland, Weinbau, Grünland, unser Ziel ist Bio weiter auszubauen. Der Absatz steigt und liegt derzeit bei zehn Prozent.

Letztendlich aber entscheidet es jeden Tag der Konsument, ob regional-konventionell oder Bio, da ist der Preis ausschlaggebend, denn auch die konventionelle Landwirtschaft erzeugt gesunde, sichere Lebensmittel und für den Endkunden ist sehr oft der Preis kaufentscheidend.

Letztlich hat es also der Konsument in der Hand?

Nikolaus Berlakovich: Ja. Die Nachfrage ist da. Optimal ist es erst dann, wenn der Preis für den Konsumenten stimmt und der Bauer davon leben kann.

Wir alle sind die Wirtschaft. Wie zufrieden sind Sie im Burgenland mit der Zusammenarbeit zwischen der Landesregierung und der Landwirtschaftskammer?

Nikolaus Berlakovich: Es wäre schade, würde das Land Burgenland den deutlichen Trend zur Regionalität im Lebensmittelbereich nicht nutzen. Lebensmittel aus regionaler, konventioneller landwirtschaftlicher Produktion sind wie gesagt gesund, sicher und hochwertig. Wir brauchen beides, sowohl bio als auch konventionell. Unsere Fleischer, Bäcker, Mehlerzeuger, Winzer, Gemüsebauern und alle anderen landwirtschaftlichen Branchen erzeugen wertvolle und saisonale Produkte. Wir laden alle ein, sich als Kunde oder Gast in einem unserer vielen tollen Lokale im Burgenland selbst von der hohen Qualität mit Genuss zu überzeugen.

Vielen Dank für das Gespräch.