Miriam Hie
Miriam Hie
im schau-Gespräch

Miriam Hie: Auf der Überholspur

Miriam Hie moderiert nicht nur auf Radio Superfly. Sie hat jetzt auch ihr erstes Kabarett-Programm geschrieben und ist als Schauspielerin serienreif – von „Soko Linz“ bis zur zweiten Staffel von „Vienna Blood“.

Alles begann mit einer jungen Praktikantin, die eine halbe Schauspielausbildung in der Tasche hatte: 2002 machte die damals 24-jährige Miriam Hie das ORF-Jugendformat „25 – Das Magazin“ in allen Wohnzimmern Österreichs bekannt. „Quirlig“ war das Wort, mit dem sie immer wieder in Verbindung ­gebracht wurde. „Irgendwann hab ich es gehasst, aber trotzdem war die Quirligkeit immer auch ein Schutzmantel. Mit ‚quirlig‘ kann man kaum anecken, man ist nie unbequem. Mittlerweile scheiß ich drauf.“

schau: Wie bist du vom ­Modera­tionsjob zur ­Schauspielerei gekommen?

Miriam Hie: Ich habe mit 25 Jahren das Glück gehabt, ein Jahr nach Deutschland gehen zu können und meine Erfahrungen beim ZDF zu sammeln. Dann habe ich bei Servus TV das Kinomagazin moderiert. Übers Kino zu erzählen, war einerseits ein Traum, aber in jeder Folge habe ich mehr und mehr gespürt, dass ich auf der anderen Seite stehen möchte. Da hat der Loslösungsprozess eigentlich schon begonnen.

Welche Rollen beschäftigen dich derzeit?

In „Vienna Blood“ spiele ich in der zweiten Staffel eine Archivarin. Ich bin sozusagen Google auf zwei Beinen und überrasche den Kommissar mit meinem Wissen. Mein Reich sind die Katakomben, das Reich der Bücher. Bei der „Soko Linz“ drehe ich gerade in Linz, da bin ich die ­Facility Managerin, die Haustech­nikerin, die über alles und jeden ­Bescheid weiß. Ich behalte den Überblick, weil ich meistens auf irgendeiner Leiter stehe. Zu sehen bin ich außerdem in „Euer Ehren“, die deutsche Fassung von „Your Honor“. Was ich an dieser durchgehenden Rolle toll finde: Ich spiele eine „Eva Brunner“. Wäre das vor zehn Jahren für eine Frau mit asiatischer Herkunft möglich gewesen? Ich weiß es nicht. Jetzt kommt auch noch „Blind ermittelt“ dazu.

Dann ist auch noch Kabarett dazugekommen.

Genau. Den Termin für die Premiere meines Soloprogramms habe ich bekommen, bevor ich auch nur eine Seite geschrieben habe. Aber diesen Arschtritt braucht es oft im Leben. Ich habe mit einer Mischung aus Leichtsinn und Zuversicht gewusst: Das muss einfach funktionieren! Ich habe immer schon gern geschrieben, aber ich wusste gar nicht, dass es so schön und befreiend sein kann, in dieser Konzentration so ehrlich mit mir selbst zu sein. Meine Geschichte ist natürlich einzigartig, aber sie ist wohl für alle verständlich. Es geht immer darum, in einem System zu stecken und rauszuwollen.

Man kann das System, in dem man lebt und arbeitet, ja erst von außen erkennen, benennen …

Ich bin die Tochter asiatischer Eltern, die ständig zwischen Anpassung und asiatischem Stolz herumgestruggelt sind. So bin ich aufgewachsen. In meinem Beruf ging es oft darum, weil du ja immer schnell in ein Eck gestellt wirst und dich da ja auch irgendwie wohlfühlst – aber schlussendlich schränkt es dich ein. Dass ich „an Schmäh“ hab, kam mir halt beim Schreiben zugute. Aber es war ein Lernprozess. Ich hab gleich zur Regisseurin Marion Dimali, mit der ich für mein Programm zusammengearbeitet habe, gesagt: „Ich will nicht, dass das so ein Schenkelklopferabend wird, so ein Pointenfeuerwerk.“ Und sie meinte, „Glaub ma, Schatzi, so weit samma no lang net“.

Wie lange machst du schon Radio?

Seit 2014. Angefragt hat mich die damalige Programmchefin, eine sehr coole Frau. Sie hat gesagt, dass sie keine geschliffene Radio-Moderatorin haben möchte, sondern eigentlich so eine Type wie mich, die jetzt nicht so das liefert, was man sonst auch hört. Bei den Morning-Shows bei Superfly hat jeder so seine Prioritäten.

Was sind deine musikalischen Prioritäten?

Eher uplifting. Gerade in der Früh mag ich diese Depri-Geschichten nicht so gerne hören. Ich bin halt eine alte Soultante. Funk und Disco kann man sich sicher auch um 22 Uhr nachts anhören, aber in der Früh hat die Musik eine andere Farbe.

Hast du eine Plattensammlung?

Mein Vater hat eine Plattensammlung, die genauso bunt ist wie mein Musikgeschmack. Er hat mich ex­trem geprägt, von Synthesizern der Siebzigerjahre bis hin zur klassischen Musik und dazwischen ganz viel Soul, Black Music und World Music.

Hast du Lebenssongs, die immer wieder eine Rolle spielen?

„Street Player“ von Chicago reißt mich immer wieder mit. Genauso wie „Exodus“ von The Black Madonna, eine eher housige Nummer. Die Oide, bei der gspia i a die Eier. Die i a sehr oft bei mir gspia.

So viele Rollen und kein Ende, folgt nächstes Jahr dann die Weltherrschaft?

Es ist schon spürbar, dass diese Diversität, die sich bei uns auftut, noch recht halbherzig ist. Das ist ein bisschen eine Augenauswischerei. Ich will teilweise auch unbescheiden sein, ohne meine Dankbarkeit zu verlieren. Das ist kein Widerspruch. Natürlich ist die Voraussetzung dafür, dass ich’s bring. Aber diese Rollen sind oft noch immer zu sehr Randfiguren.

Wie wäre es, selbst ein Drehbuch zu schreiben? Auch Hollywood-Schauspielerinnen produzieren sich ihre Rollen selbst …

Das ist in Wahrheit die logische Konsequenz aus meinem Kabarett-Programm „Who is Hie“, wo ich mir auch gesagt hab: Dann schreib ich mir meine Szenen eben selbst!

Vielen Dank für das Gespräch.

Auf der Bühne und im TV

Miriam Hies Kabarett-Programm „Who is Hie?“ ist am 29. November in der Kulisse zu sehen. Derzeit dreht die Schauspielerin in Linz die Serie „Soko Linz“ (voraussichtlich ab Februar 2022). Heuer stand sie außerdem bereits für „Euer Ehren“ und „Vienna Blood“ vor der Kamera – am 30. und 31. Oktober sowie am 1. November (20.15 Uhr) auf ORF 2 zu sehen.