Melanie Balaskovics
Melanie Balaskovics
Vom ORF zur Caritas

Melanie Balaskovics: Herausfordernde Aufgabe als Caritas-Direktorin

Die Südburgenländerin Melanie Balaskovics steht seit Kurzem als neue Direktorin an der Spitze der Caritas Burgenland. Die 45-Jährige im Interview über ihre ersten Wochen im neuen Job und die besondere Situation durch die Corona-Pandemie.

schau: Frau Balaskovics, Mitte April übernahmen Sie die Amtsgeschäfte im Burgenland. Haben Sie sich schon einen Überblick verschafft?

Melanie Balaskovics: Die Caritas der Diözese Eisenstadt beschäftigt derzeit knapp 600 MitarbeiterInnen. Unsere Aufgabengebiete sind sehr vielfältig. Es ist zwar eine große Herausforderung, aber ich bemühe mich, mit jedem persönlich ins Gespräch zu kommen. Besonderes Anliegen sind mir dabei die Menschen vor Ort, die tagtäglich unermüdlich für die Caritas im Einsatz sind. Ich habe große Freude an der Arbeit und bin dankbar für diese neue Aufgabe.

Wo liegen Ihre Schwerpunkte?

Melanie Balaskovics: Gerade Corona hat uns gezeigt, wie schnell es gehen kann, dass man den Kurs wechseln muss. So werden die Schwerpunkte in den kommenden Monaten sicher verstärkt in der Hilfe von Menschen in akuten Notsituationen gesetzt werden. Im Pflegebereich werden wir uns für die Zukunft neue Konzepte überlegen – denn auch der Anspruch an die Pflege ist derzeit einem Veränderungsprozess ausgesetzt. Was aber über allem steht: Dort, wo Not ist, wo wir Not sehen, dort werden wir helfen.

Welche Herausforderungen gilt es – insbesondere durch die Pandemie – am vorrangigsten zu bewältigen?

Melanie Balaskovics: Wir sind doppelt gefordert, denn die Situation hat sich für viele Menschen seit der Pandemie noch verschärft: Aus den Sozialberatungsstellen wissen wir, dass Erspartes bei vielen längst aufgebraucht ist und gleichzeitig die Miet- und Stromrückstände stark ansteigen. Auch dürfen wir gerade jetzt die Menschen nicht vergessen, die schon vor der Krise in der Krise waren.

Vor allem Menschen, die auch während der guten Wirtschaftslagen armutsgefährdet waren, haben es jetzt doppelt schwer, einen Job zu finden. Dazu gehören Jugendliche und GeringverdienerInnen, vor allem Frauen. Denn sie sind oft in Berufen tätig, die von der Krise stark betroffen sind und nicht einfach ins Homeoffice verlagert werden können. Auch für ältere Personen (Anm. 50+) wird die Arbeitssuche nun noch herausfordernder als sonst.

Aber ich denke hier auch an das Thema Einsamkeit. Dies war schon vor der Corona-Krise eine große Herausforderung gerade für ältere, alleinstehende Menschen.

Muss man als Caritas vielleicht Hilfsangebote neu überdenken?

Melanie Balaskovics: An uns wenden sich immer mehr Menschen, die es vor der Corona-Krise nicht für möglich gehalten hätten, dass sie einmal bei der Caritas um Hilfe bitten müssen. Es geht einerseits um Akut- und Nothilfe, andererseits müssen langfristige Perspektiven geschaffen werden. Vor allem alleinstehende Frauen und alleinerziehende Mütter wenden sich verzweifelt an die Caritas, weil sie Homeschooling und Arbeit kaum mehr unter einen Hut bringen oder große finanzielle Zukunftsängste haben. Hier ist auch wichtig, jungen Menschen und Kindern Perspektiven zu bieten. Viele Eltern können sich die Nachhilfe für ihre Kinder nicht mehr leisten. Dies spiegelt sich auch in unseren vier Lerncafés im Burgenland wider, wo die Wartelisten immer länger werden.

Welche Auswirkungen werden Jobverlust und plötzliche Armut in den nächsten Jahren haben?

Melanie Balaskovics: Armut ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Sie hat viele Gesichter und ist auf den ersten Blick oft nicht sichtbar. Der Obdachlose im Park ist eher die Ausnahme geworden. Ganz konkret bedeutet Armut für betroffene Familien, AlleinerzieherInnen, PensionistInnen oder Alleinstehende, am Monatsende entscheiden zu müssen, ob man eher etwas zu essen kaufen oder die Wohnung heizen soll. Es geht hier längst nicht mehr um ein Entweder-oder, sondern um ein Sowohl-als-auch.

Die Caritas sieht einer extrem herausfordernden Zukunft entgegen: Mehr Menschen brauchen Soforthilfe, Einrichtungen für Menschen in Not sind schon jetzt voll ausgelastet, Projekte für sozial benachteiligte Kinder müssen weiter ausgebaut werden.

Vielen Dank für das Gespräch!