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24. April 2024
Bücher & Medien

Marc Elsberg ’s „Blackout“: Europas dunkle Stunden

Wer sich für Science-Thriller und Tech-Romane begeistert, kommt an ihm nicht vorbei: Marc Elsberg ist der Mann für den harten Tobak. Er liefert den Stoff, aus dem die Träume der Fans fundierter Wissenschafts-Unterhaltung sind. Und die Albträume der modernen E-Gesellschaft.

Strommast in der Abenddämmerung.
Der Roman von Marc Elsberg zeigt, was uns bei einem Blackout bevorstehen würde. © pixaby

Auf anhieb in die Bestsellerlisten: Wovon viele Autoren träumen, hat Marc Elsberg 2012 mit seinem Erstlingsroman „Blackout“ geschafft. Der gebürtige Wiener zeichnet darin das Szenario eines europaweiten Strom­ausfalls: Mit seinen katastrophalen Folgen für Wirtschaft, ­Politik und Zivilgesellschaft. Actiongeladen, informativ und verstörend. Ein Page-Turner, der seitdem Millionen Leser in 20 Sprachen begeistert hat und kürzlich in Starbesetzung verfilmt wurde. „Blackout“ erschien nun, zehn Jahre nach dem erfolgreichen Debüt. Die Premiumedition hat an Brisanz und Aktualität keinen Millimeter eingebüßt. Im Gegenteil. Vergangenes Jahr entging Europa nur haarscharf ­einem realen Blackout. Veritable Spannungsschwankungen im europäischen Verbundnetz, in das auch Österreich eingegliedert ist, führten zu einer brenzligen Situation. Die schnelle Reaktion der kontinentalen Übertragungsnetzbetreiber konnte den worst case glücklicherweise abwenden. Ein Schreckmoment, der verdeutlichte, wie schnell es gehen kann. 

Rien ne vas plus

Lediglich 19 Sekunden dauere es, bis Europa im Dunklen säße. So heißt es seitens der heimischen Gesellschaft für Krisenvorsorge. Sie stufen ein Blackout-Szenario in den kommenden fünf Jahren als realistisch ein. Bestsellerautor Elsberg, in Expertenkreisen ein gefragter Redner zu Themen wie Energie- und Datensicherheit, Resilienz und Gläserner Mensch, erklärt: „Das Problem ist nicht die Wahrscheinlichkeit, sondern das Ausmaß der Schäden, falls das eintritt. Die sind enorm.“ Er ergänzt: „Es ist wie jetzt die Pandemie – passiert womöglich nur alle paar Jahrzehnte, aber wenn es eintritt, ist es ein Fiasko.“

Treffend, denn ein flächendeckender Stromausfall hätte auch hierzulande weitreichende Auswirkungen auf viele Bereiche des Lebens. Telefon, Handynetz und Internet fielen binnen Minuten aus. Kochen wäre unmöglich, Lieferketten für Lebensmittel oder Treibstoff würden unterbrochen und auch die Wasserversorgung käme zum Erliegen. Das würde nicht nur Waschmaschinen und Leitungswasser betreffen, sondern auch WC-Spülungen. Kurz: Uns wäre der Stecker gezogen. Elsberg bestätigt: „Ohne Strom funktioniert eine moderne Gesellschaft nicht und das wird sich mit dem Ausstieg aus den fossilen Energien noch massiv verstärken.“

Ein Licht aufgegangen

Jenes stromtechnische Kammerflimmern des vergangenen Jahres veranlasste Österreichs Politik zu einer bundesweiten Informationsoffensive. Diese soll das Bewusstsein der Bevölkerung für Vorsorge und Verhalten im Krisenfall schärfen sollte. Im Fokus stand einerseits die persönliche Selbstvorsorge,. Und andererseits das Bundesheer, das mittels autarker Kasernen und regelmäßigen Übungen Blackout-fit gemacht wird. Elsberg, der jahrelang als Kreativdirektor und Strategieberater in der Werbebranche tätig war, sieht die Herausforderung: „Solche Kampagnen sind schwierig, weil jedem Unternehmen und jeder Behörde sofort eine Agenda jenseits des simplen Bevölkerungsschutzes unterstellt wird. Kommt sie von einer Supermarktkette oder einer Versicherung, würde es heißen, die wollen bloß Panik schüren, um ihre Produkte zu verkaufen. Kommt sie vom Heer oder von der Regierung, sind den Verschwörungstheorien auch keine Grenzen gesetzt, wie die Pandemie jetzt eindrucksvoll demonstriert.“

Resilienz als Ressource

Grund zur Panik gibt es keinen, zur bewussten Betrachtung aber durchaus. Wie haben die Recherchen zu „Blackout“ Elsbergs Sicht geprägt? „Der Roman ist in erster Linie eine Geschichte über unsere Welt, die uns durch zahllose ­gegenseitige globale Abhängigkeiten einen enormen Lebensstandard ermöglicht. Ohne funktionierende Gesellschaften rund um uns sind wir sehr schnell hilflos. Wenn wir also so komfortabel, gesund und lang weiterleben wollen wie bisher, müssen wir diese Systeme resistenter und nachhaltiger gestalten.“ In „Blackout“ gibt uns Marc Elsberg zum einen eine mitreißende Story. Zum andern auch ­massig Hintergrundinfos über das ­Zusammenspiel einer vernetzten Welt an die Hand. Die Jubiläumsedition des Bestsellers erfreut mit Bonus-Content. Darunter eine exklusive Kurzgeschichte des Autors. Außerdem findet man Expertenessays, etwa von Bundesnetzagentur-Präsident Jochen Homann, Energieberater Jürgen Weiss und Wiens Ex-Bürgermeister Michael Häupl.