Werner Gruber
Werner Gruber
im schau-Gespräch

Forschungsturbo für das Burgenland: „Das wird zahlreiche Menschenleben retten!“

Science rocks – und Physiker Werner Gruber soll dafür sorgen, dass sich das auch im Burgenland widerspiegelt. Nach nur drei Monaten als Forschungskoordinator hat der 51-Jährige schon eine ziemlich klare Vorstellung davon, wie er das erreichen möchte.

“Was ist das besondere an diesem signierten Foto von Neil Armstrong, was denken Sie?“, fragt uns Werner Gruber mit vor Begeisterung funkelnden Augen. Wir sitzen inmitten eines Sammelsuriums aus kleinen Schätzen, die sein Büro im Planetarium Wien auf den ersten Blick wie ein Warenlager für außergewöhnliche Gegenstände wirken lassen. Neben der Zuckerdose auf dem Tisch liegt Urangestein, hinter uns wird ein kleines Stück vom Mond aufbewahrt, in der Nähe eine Hitzeschutzkachel des Space Shuttles Buran, in Kisten liegen seltene Fotoaufnahmen und Bücher.

Geordnetes Chaos

„Armstrong war sehr höflich und hat die Leute stets nach ihrem Vornamen gefragt, wenn er ihnen ein Autogramm gegeben hat. Das ist eines der wenigen Exemplare ohne persönliche Widmung“, klärt uns der Physiker auf, als er merkt, dass wir mit unseren Tipps nicht weiter danebenliegen könnten. „Das Foto habe ich bei einer amerikanischen Online-Auktion über mein österreichisches Konto einer deutschen Bank um vier Uhr früh in der Mongolei ersteigert“, sagt Gruber und lacht. Der Direktor des Planetariums sowie der Kuffner und Urania Sternwarte weiß genau, wo sich welches Sammlerstück befindet, und hat zu jedem eine Anekdote parat.

Einleuchtende Gründe

Objekte und Fakten rund um die insgesamt sechs Mondlandungen haben es dem Wissenschafter dabei ganz besonders angetan – auch, weil die interstellaren Spektakel für enorme Fortschritte in der Forschung gesorgt haben. „Dank des Fotos ‚Earth Rise‘, das William Anders beim Flug von Apollo 8 im Jahr 1968 aufgenommen hat, ist zum Beispiel die Umweltbewegung entstanden. Aber auch die Entwicklung der Rettungsdecke, des Müsliriegels und des Staubsaugers sind der Mond­landung zu verdanken“, sagt Gruber und betont: „Auch wenn es nicht immer auf den ersten Blick erkennbar ist: Forschung hat positive Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft.“

Diesen Umstand will er den Menschen auch als neuer Forschungskoordinator im Burgenland näherbringen. Seit Mai hat Gruber diese Funktion inne. Und Landeshauptmann Hans Peter Doskozil hätte sich in puncto Wissensvermittlung keinen besseren Mann aussuchen können: Als Mitbegründer der „Science Busters“ ist er Profi darin, komplexe Inhalte verständlich und humorvoll herunterzubrechen. Seine Leidenschaft, andere Menschen für Wissenschaft, Forschung und Technik zu faszinieren, hat einen ganz praktischen Nutzen. „Wir müssen der Öffentlichkeit gut erklären können, wofür wir Förderungen benötigen. Ich kann ja nicht vom Steuerzahler erwarten, bereitwillig Geld für etwas auszugeben, das er nicht versteht oder kennt“, erklärt Gruber. Den ersten Schritt als Forschungsbeauftragter geht er deshalb mit den „Science Village Talks“, die in Kürze in den Burgenländischen Volkshochschulen starten.

Klare Entscheidungen

Wissensvermittlung stellt einen wichtigen Eckpfeiler der Forschungsförderung dar, zu Grubers Aufgaben zählt aber freilich weit mehr. Der Landeshauptmann hat die Erhöhung der Forschungsquote im Burgenland als maßgebliches Ziel für die kommenden Jahre genannt. Heimische Unternehmen sollen bei ihren Forschungsvorhaben unterstützt, zukunftsweisende Projekte gestartet und Ansiedlungen innovativer Betriebe forciert werden.

Wie die Zusammenarbeit bis jetzt läuft? „In den vergangenen Monaten habe ich Hans Peter Doskozil kennengelernt. Was ich wahnsinnig an ihm schätze, ist seine direkte Art. Er hat es selbst so ausgedrückt: ,Ich war Polizist und werde immer einer sein.‘ Bei der Polizei ist es wie beim Bundesheer, es gibt eindeutige Kommandos und klare Entscheidungen. Und das kann vieles erleichtern beziehungsweise beschleunigen.“

Großes Gesundheitsprojekt

Als Beispiel nennt der Physiker ein konkretes Projekt, mit dem er bereits an den Landeschef herangetreten ist. „So viel kann ich schon verraten: Es ist im Gesundheitsbereich angesiedelt. Ich habe – nicht nur angesichts der Kosten – mit monatelangen Gesprächen und Verhandlungen bis zur Entscheidung für oder gegen das Projekt gerechnet, einfach, weil es in der Politik oft so üblich ist. Aber nach Berücksich­tigung aller Fakten hat sich Hans ­Peter Doskozil sehr schnell dafür entschieden. Ich freue mich schon auf die Umsetzung, denn es wird zahlreichen Menschen im Burgenland das Leben retten!“

Forschende (Klein-)Betriebe

Das Schwierigste an seiner Aufgabe als Forschungskoordinator wird sein, Firmen im Burgenland dazu zu bewegen, selbst zu forschen. Wobei Gruber gleich klarstellt, dass Forschung nicht unbedingt etwas mit Hightech-Laboren und Raketen, die ins All geschossen werden, zu tun haben muss. „Sie beginnt im Kleinen und überall dort, wo Menschen Verbesserungen anstreben – vom Gastronomen, der nach etlichen Versuchen die perfekte Kruste auf den Schweinsbraten zaubert, bis zum Tischler, der innovative Modelle kreiert. Diesen Spirit, immer wieder Neues auszuprobieren, möchte ich ins Burgenland tragen.“

Bisher sei das jüngste Bundesland Österreichs bis auf wenige Aus­nahmen sehr ruhig gewesen, was Forschung und Entwicklung betrifft. Gruber: „Positivbeispiele sind sicherlich Becom Electronics und das Energetikum in Pinkafeld, in dem Firmen ihre in­novativen Produkte im Echtbetrieb testen können. Dort gibt es unter anderem eine Klimaanlage, die die Temperatur über Deckenkühlung, also ohne Luftzug, senkt.“

Neue Impulse

Bereits forschende Unternehmen möchte der 51-Jährige künftig zusätzlich anspornen. Vorstellbar sei etwa, dass Wissenschafter ihre Erkenntnisse von Fachkonferenzen ­gezielt an heimische Betriebe weitergeben. „Außerdem ist einiges für Güssing geplant und wir haben ein Zentrum für biomedizinische Technik auf Schiene gebracht“, erzählt Gruber. Mehr dazu wird es noch im Herbst geben, wenn er seine Empfehlungen offiziell vorlegt. Bis dahin wird aber noch viel gegrübelt, und zwar meistens in der Betriebskantine des Landhauses in Eisenstadt.

Science Village Talks

Top-Wissenschafter geben in den Burgenländischen Volkshochschulen Einblicke in ihr Forschungsfeld. Die Teilnahme ist kostenlos.

  • Die Darm-Hirn-Achse
    Berit Hippe
    21. 10. 2021, 19 Uhr
    Haus am puls, Neusiedl am See
  • Das Magnetfeld der Erde
    Johannes Leitner
    10. 11. 2021, 19 Uhr
    Sport- und Kulturhalle, Neutal
  • Zehn-hoch-X
    Norbert Frischauf
    18. 1. 2022, 19 Uhr
    Technologiezentrum, Güssing