Exklusive Einblicke
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von der Women's Euro 2022

EM-Spirit für die Fußballakademie

Als Fixgröße im ÖFB-Staff war Christoph Witamwas nicht nur bei der UEFA Women’s EURO 2022 in England dabei, er ist auch Betreuer der U18 an der Fußballakademie Burgenland. schau hat den 34-jährigen UEFA-A-Lizenz-Trainer zum Interview getroffen.

schau: Sie waren als Assistenz-Coach und Videoanalyst im ÖFB-Staff an vorderster Front bei der UEFA Women’s EURO 2022 dabei. Wie haben Sie dieses Großereignis in England miterlebt?

Christoph Witamwas: Natürlich war die EM ein einzigartiges Erlebnis und ich denke, dass es kein passenderes Land gibt, um solch ein Großevent auszutragen. Im Mutterland des Fußballs – in nahezu ausverkauften Stadien, in denen grandiose Stimmung herrschte – hat es mich mit Stolz erfüllt, die Hymne für mein Land singen zu dürfen. Ebenso haben mir die Fairness und das Miteinander auf dem Feld und in den Zuschauerrängen imponiert.

Wie hat Ihr Aufgabenbereich während der EM im Detail ausgesehen? 

Grundsätzlich erstellen wir aufgrund der Gegneranalyse einen Matchplan, danach werden Trainingsinhalte bestimmt. Im Detail bin ich für die Standardsituationen hauptverantwortlich. Ich gebe Vorschläge für offensive und defensive Varianten. Während des Spiels bin ich einerseits mit dem Analysten verbunden und schaue mir via Stream am Tablet gewisse Situationen wiederholt an, um gegebenenfalls intervenieren zu können. Andererseits instruiere ich alle Wechselspielerinnen.

War das EM-Eröffnungsspiel im Old Trafford in Manchester das bisherige Highlight Ihrer Trainerkarriere? 

In emotionaler Hinsicht bestimmt. Sportlich gesehen war neben dem Einzug ins EM-Viertelfinale aber auch der letztjährige 4. Platz mit meiner AKA-Burgenland-U18-Mannschaft ein Höhepunkt.

Welche EM-Erfahrungswerte haben Sie in die Fußballakademie Burgenland mitgenommen? 

Man nimmt aus jedem Länderspiel extrem viel Erfahrungswerte mit. Jede Partie ist anders, jede Herangehensweise ist anders und man füllt seinen „Kompetenz-Rucksack“ mehr und mehr. Klarerweise ist die EM etwas spezieller. Es bleibt weniger Zeit zwischen den Spielen und es ist eine Kunst, die richtige Balance zu finden, da der Regenerationsprozess im Vordergrund steht. Man versucht in den wenigen Trainings, bestmöglich taktische Inhalte zu üben, ebenso sind Analysen ein wesentlicher und effizienter Bestandteil der Vorbereitungsphasen. In diesem Bereich konnte ich extrem viel mitnehmen. 

Welche Aufgaben stehen nun mit der ÖFB-Frauen A-Nationalmannschaft an?

Nach dem Motto „Nach der EM ist vor der WM“ geht es mit der Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2023 in Australien und Neuseeland weiter. Die Gruppenphase ist absolviert und wir konnten hinter Europameister England den 2. Platz und somit das Play-off-Ticket ergattern.

In der letzten Saison hat es Ihre U18-Mannschaft der Fußballakademie mit einem rot-goldenen Punkterekord auf Platz vier geschafft. Wohin soll der Weg in der neuen Spielsaison führen?

Im Akademie-Fußball steht vorrangig die individuelle Entwicklung im Vordergrund. Dahingehend gilt es, jeden einzelnen Spieler besser zu machen. Natürlich versuchen wir auch, gute Ergebnisse einzufahren, und wollen, wie eben im Vorjahr, ganz vorne mitspielen. Da wir doch einen sehr großen Kader haben, gilt es vorerst, die Mannschaft zu formen und die individuellen Stärken der Spieler so gut wie möglich einzusetzen. Erfahrungsgemäß ist dies aber ein Prozess und wird eine gewisse Zeit brauchen. Diese Zeit werden unsere Jungs aber bekommen, schließlich sind sie jung und dürfen auch Fehler machen. 

Gibt es einen Kicker, auf dessen Entwicklung Sie in der Fußballakademie besonders stolz sind?

Ich will da keine Spieler hervorheben. Am stolzesten bin ich aber auf jene Kicker, die mit weniger Talent gesegnet wurden und dennoch ihren Weg machen. Den Grundsatz „Hard work beats talent“ versuche ich auch meinen Jungs zu vermitteln – egal, in welcher Lebensphase. 

Wie schätzen Sie die Entwicklung des Nachwuchsfußballs im Burgenland ein?

Die Entwicklung und die Erfolge der letzten Jahre stimmen mich sehr positiv. Klarerweise kann ich nur den Akademiebereich bewerten, in den ich Einblicke habe. Dennoch muss vor allem in den unteren Jahrgangsstrukturen mehr passieren. Ich bin mir sicher, dass noch viele Talente im Burgenland „unentdeckt“ sind. Da muss man sich viel breiter und flächendeckender aufstellen.

Wie sieht Ihr weiterer Karriereplan aus?

Das ist schwer zu prognostizieren – vor allem in der heutigen Zeit, in der das Fußballgeschäft sehr schnelllebig ist. Ich bin mit meiner derzeitigen Situation überaus zufrieden. Auf der einen Seite ist die Aufgabe, die Jungs als AKA-Trainer zu begleiten, eine unglaublich reizvolle Aufgabe. Auch mit meinem Co-Trainer Ronald Spuller habe ich extrem viel Spaß, wir harmonieren perfekt. Auf der anderen Seite steht das ÖFB-Frauen A-Nationalteam, bei dem ich tolle Erfahrungen sammeln darf und diese auch meinen Jungs und Trainerkollegen weitergeben kann. Ich würde sagen: eine perfekte Kombination! Mein klares Ziel ist natürlich – in welcher Funktion auch immer –, dem professionellen (Nachwuchs-) Fußball dienen zu dürfen.

Danke für das Gespräch.