Die Cselley-Mühle in Oslip: Alles bleibt möglich
Mit Jahresbeginn 2022 hat die Privatstiftung Mario Müller die Cselley-Mühle in Oslip übernommen und als künstlerischen Leiter Lukas Hüller eingesetzt. Im Gespräch mit schau erläutert Hüller seine Pläne für das Kulturzentrum.
Wer die Cselley-Mühle kennt und Angst hat, dass jetzt alles anders wird, der kann gleich beruhigt sein: Das Gebäude wird schonend restauriert und das Programm bleibt wie gehabt bunt. Wer die Mühle nicht kennt: Diese gibt es nachweislich seit 1515, seit 1861 heißt sie nach dem Müller Karl Cselley und bis 1985 blieb sie im Besitz der Familie. Bis Ende der 1960er-Jahre war sie auch in Betrieb. Abgekauft haben sie der Keramiker Robert Schneider und der Maler Sepp Laubner, die an sich nur auf der Suche nach Ateliers waren und aus dem Anwesen bald ein Kultur– und Aktionszentrum machten. Legendär sind die Worte des damaligen Unterrichtsministers Fred Sinowatz aus dem Jahre 1976: „Ich weiß nicht, was ich eröffne, aber ich eröffne es.“
„Kiss my art“
Schneider und Laubner wussten dies all die Jahre auch nicht so genau und haben es folgendermaßen zu beschreiben versucht: „Die Mühle lässt Möglichkeiten offen. Dinge, die sich entwickeln dürfen.“ Oder: „Die Tamburizza spielt am Lagerfeuer, über dem sich ein Spanferkel dreht, die Sonne geht unter und am Dorfball wird im Stadl getanzt, während im Kellertheater der Punk tobt.“
Nun sind Schneider und Laubner verstorben und es war lange nicht klar, wie es mit der Mühle weitergehen soll. Jetzt kommt sonderbarerweise ein britischer Galerist ins Spiel. Nick Treadwells Ausstellungen haben aufgrund ihrer provokanten Inhalte bisweilen heftige Reaktionen hervorgerufen. Sein Motto lautet „Kiss my art“. Treadwell, der seine Galerie 2005 nach Österreich verlegt hat, hat seine Sammlung an Mario Müller verkauft. Müller ist burgenländischer Kunstsammler und hat bis 2019 den von seinem Vater ins Leben gerufenen Familypark in Sankt Margarethen betrieben.
In Müllers und Treadwells Sammlungen vertreten sind Werke des österreichischen Fotokünstlers Lukas Hüller (siehe Kasten). Diese drei haben nun in ganz Österreich nach einer geeigneten Location für die Kunstwerke gesucht, dabei lag das Gute doch so nah – bei
den Wohnorten von Müller und Hüller: die Cselley-Mühle.
Punkrock ohne Gansl
Also hat man zusätzlich zu einem Ausstellungsraum gleich ein Veranstaltungszentrum übernommen. Dazu Lukas Hüller, der die Location seit Jugendtagen als
Gast kennt: „Das Projekt hat mich gefunden.“ Nun wollte der Wahlburgenländer in seinen Projekten immer auch Menschen zusammenbringen. Er hat mit Künstlern aller Sparten zusammengearbeitet, verfügt über ein „Riesennetzwerk“ und bildet sich nicht ein, über alles Bescheid zu wissen. Deshalb holt er sich Berater ins Boot: für Weltmusik, Funk und Jazz Jürgen Drimal von Radio Superfly und für Volksmusik einen jungen Trompeter aus dem Burgenland. Er will auf der legendären „Müh’“ aufbauen. Die Gäste sollen eine gute Zeit miteinander haben, auch wenn ein kritisches Programm geboten wird. Und auch die Kulinarik wird nicht zu kurz kommen: Die Leute sollen zum Essen kommen und wegen der Musik bleiben. Und umgekehrt. Die Küche wird zum Programm passen: „Zu Punkrock wird keine Gans serviert.“ Geplant sind Jazz- und Klassikdinner. Und Frühschoppen, die im Burgenland anscheinend kaum mehr stattfinden.
„Tiger Lillies“ zur Eröffnung
Es wird ein Kinderprogramm mit Musiker, Produzent und Schauspieler Marko Simsa geben. Und nach wie vor Kabarett, denn Hüller hat einen guten Draht zur Künstleragentur Hoanzl. Zuerst muss die Mühle aber einmal renoviert werden. Hüller: „Für die alte Mühle würden wir, was Küche, Sanitäranlagen und Elektrik betrifft, keine Genehmigungen mehr bekommen.“ Architekt Johannes Kraut geht „mit feinen Handschuhen“ vor. Ein bisschen drängt die Zeit. Denn für 1.–3. Juli ist eine teilweise Eröffnung des Konzertsaals, des Innenhofs und Stadls geplant – mit dem Punk-Kabarett „Tiger Lillies“, Marko Simsa, „einer internationalen Größe aus dem Bereich Funk“, Party und Frühschoppen. Ab Herbst soll das Programm dann dichter werden. Am 25. Oktober kommt etwa die Singer/Songwriterin Gaby Moreno.
Also: keine Angst. Auch in der neuen Cselley-Mühle wird draußen nach wie vor die Tamburizza aufspielen, während drinnen der Punk tobt. Aber wer plant, in der Mühle eine Hochzeitsfeier abzuhalten, sei vorgewarnt: Hochzeiten in Weiß soll es nach Lukas Hüller nicht geben. Mehr oder weniger „schräg“ soll es in der „Müh’“ schon zugehen. Aber das ist ja eigentlich auch nichts Neues.
Leiter der Cselley Mühle Lukas Hüller: 360°-Panoramakamera und inszenierte Fotografie
1969 in Wien geboren, 1989 bis 1995 Meisterklasse für Fotografie in Brüssel. Zu dieser Zeit Entwicklung einer analogen 360°-Panorama-kamera. Mit dieser entstehen bald inszenierte Rotationsfotografien, bei denen auf jeweils einem unmanipulierten Negativ Darsteller in -verschiedenen Szenen wiederholt auftreten, wie in der Serie „Sieben Todsünden“. Ab der Entwicklung der Digitalfotografie Hinwendung zur -inszenierten Gigapixel-Fotografie. Die Fotos haben laut Hüller eine „Bruegel-Perspektive“ – von oben und in die Ferne –, die man mit einer anderen Technik nicht herstellen kann. Das Hintergrundfoto fungiert dabei als eine Art Leinwand, auf der viele einzelne Aufnahmen digital -zusammengebaut werden. Etwa Gottfried Helnwein am Hauptplatz von Bleiburg mit Hunderten Kindern, die einzeln oder in kleinen Gruppen fotografiert wurden, aber auch internationale Projekte für die UN und die Olympischen Spiele.