Von der Freiheit ...
Von der Freiheit ...
den richtigen Wein zu machen

Dem Biowein auf der Spur

Romana Echensperger widmet sich im Buch „Von der Freiheit, den richtigen Wein zu machen“ dem Biowein und besuchte dazu Spitzenwinzer, unter anderen Franz Weninger aus Horitschon. Im Interview mit schau-Club schildert sie ihre Eindrücke und gibt auch einen Sekt-Tipp für Silvester.

Chef-Sommelière, Weinjournalistin und Absolventin der schwierigsten Weinprüfung der Welt, des „Master of Wine“: Keine Frage, Romana Echensperger kennt sich mit edlen Tropfen bestens aus. Eine besondere Leidenschaft hegt die Autorin für den biodynamischen Weinbau. In ihrem neuen Buch „Von der Freiheit, den richtigen Wein zu machen“ porträtiert sie Spitzenwinzer, die Biowein produzieren.

Im Interview mit schau-Club erzählt Echensperger von ihrer Motivation, dem Besuch bei Franz Weninger in Horitschon, der Zukunft des biodynamischen Weinbaus und vielem mehr.

schau-Club: Können Sie uns etwas über sich erzählen?
Romana Echensperger: Ich komme aus Bayern, habe in München Restaurantfachfrau gelernt und habe mich dann auf Wein spezialisiert. Nach Jahren als Sommelière habe ich die Ausbildung zum „Master of Wine“ absolviert, die ich 2015 abgeschlossen habe. Jetzt bin ich selbstständig und vor allem glückliche Mutter von zwei kleinen Kindern.

Woher kommt Ihre Leidenschaft für den biodynamischen Weinbau? Was versteht man unter dem Begriff eigentlich?
Viele meiner Familienmitglieder sind Landwirte und daher kenne ich deren Probleme und Sorgen. Im Rahmen meiner Ausbildung bin ich dann mit biodynamischem Weinbau und auch mit Landwirtschaft in Berührung gekommen. Mich hat diese handwerkliche und selbstbestimmte Landbauweise sofort fasziniert. Die Biodynamie geht auf die Vorträge zur Landwirtschaft zurück, die Rudolf Steiner vor nun fast 100 Jahren gehalten hat.

Was war der Antrieb hinter Ihrem Buch? Warum wollten Sie genau diese zwölf Betriebe vorstellen?
Leider gibt es noch viele Vorurteile gegenüber der biodynamischen Wirtschaftsweise. Es wird den Leuten unterstellt, sie wären mehr spinnerte Esoteriker als meisterhafte Praktiker. Ich wollte zeigen, wie Biodynamie heute verstanden wird und welche Antworten sie auf die Herausforderungen der Zeit geben kann. Die Auswahl der Betreibe ist mir nicht leichtgefallen. Ich wollte unterschiedliche Blickwinkel einfangen. Vom kleinen Winzer bis zum großen Betrieb, Newcomer, aber auch Traditionsbetriebe sollten enthalten sein. Es sollten nicht nur deutsche Betriebe sein. Wir sind Europa! Daher habe ich auch über den Tellerrand geschaut. Mir war zudem wichtig, die Besten ihres Fachs zu zeigen, um auch mit einem weiteren Vorurteil aufzuräumen: Bioweine wären diese muffigen Tropfen, die neben faulenden Kartoffeln im Reformhaus stehen.

Im Buch ist auch Franz Weninger aus Horitschon dabei. Könnten Sie uns Ihre Eindrücke und Erlebnisse im Mittelburgenland näher schildern?
Wir sind im Jänner dorthin gefahren und irgendwann nachts angekommen. Beeindruckt hat uns die kurze Fahrt auf sehr holprigen Straßen durch Ungarn, um in Horitschon anzukommen. Insgesamt hat das Mittelburgenland sehr beschaulich und angenehm bodenständig auf uns gewirkt. Mich hat besonders dieser Schmelztiegel der mitteleuropäischen Kulturen fasziniert. Hier treffen sich österreichische, deutsche, ungarische und kroatische Einflüsse. Es ist ein großartiger Kulturraum.

Ganz allgemein: Wie würden Sie den burgenländischen Wein im internationalen Vergleich bewerten? Haben Sie weitere Lieblingsweine aus dem Burgenland?
Blaufränkisch zählt mit seinem ganz eigenständigen Charakter zweifellos zu den besten Rotweinen der Welt. Blaufränkisch ist auch mein Lieblingswein aus dem Burgenland. Aber auch den Chardonnay vom Leithaberg mag ich gerne und ab und zu darf es auch einer der Weltklasse-Süßweine sein, die man leider viel zu selten trinkt.

Im Rückblick: Was waren die Lehren Ihrer Recherche für das Buch? Gab es große Überraschungen oder hat sich Ihre Meinung zum Winzerhandwerk irgendwie geändert?
Eine Überraschung war, dass das zentrale Motiv der Winzer für die Umstellung die Suche nach Freiheit war. Daher dieser Titel. Denn der Arbeitstitel des Buchs war „Ungläubiges Staunen“, entlehnt von Navid Kermanis Buch, der als Muslim über das Christentum schreibt. Damit wollte ich den Umstand aufgreifen, dass viele Winzer es natürlich seltsam finden, zum Beispiel Kuhhörner zu vergraben, aber eben staunen, dass die biodynamischen Präparate eindeutig eine Wirkung haben.

Eine Lehre war, dass wir selbstverständlich gute Wissenschaft brauchen. Aber wie schon Kurt Tucholsky sagte: „Der Krieg ist zu ernst, um ihn den Militärs zu überlassen.“ Heute, wo uns ein Virus beschäftigt, könnte man frei nach Tucholsky sagen: Eine Pandemie hat so vielfältige Auswirkungen, dass die Politik nicht nur auf Virologen hören sollte. Landwirtschaft und Weinbau sind ebenso komplex, dass Wissenschafter sie in ihren Verästelungen alleine nicht überblicken können. Es braucht ein geistiges Band, das mündigen Praktikern ermöglicht, die Landwirtschaft wieder ganzheitlich zu denken und gewissenhaft wie respektvoll mit dem vielen Nichtwissen umzugehen, das uns immer noch umgibt. Hier kann die Biodynamie ein Ansatz sein.

Wie sehen Sie die Zukunft des biologischen Weinbaus?
Es wird niemand mehr ernsthaft bestreiten, dass die extrem konventionelle Art, Wein- und Landbau zu betreiben, an ein Ende kommt. Wir sehen bald das Ende der billigen Energie, die es bislang möglich machte, stets mehr Ressourcen als Gedanken zu verschwenden. Der Klimawandel macht zudem die brutale Bodenbehandlung nicht mehr wett. Wir werden einen dramatischen Wandel in der Landwirtschaft sehen und damit einhergehend eine Annäherung der konventionellen an die biologischen Wirtschaftsweisen. In spätestens

30 Jahren werden wir nicht mehr über Bioanbau sprechen, sondern nur darüber, was gesunde Landwirtschaft bedeutet, und uns daran orientieren. Diesen Wandel müssen wir gemeinsam gestalten und zwar ohne Schwarz-Weiß-Denken.

Zum Abschluss: Könnten Sie unseren Lesern vielleicht einen guten Sekt für die Silvesterfeier empfehlen?
Sehr gerne! Ich bin ein großer Fan von Fred Loimers Sekten. Vor allem der Sekt Brut Rosé hat es mir angetan. Den werde ich mir auch zum Jahreswechsel einschenken. Auf das das nächste Jahr wieder freudvoller und geselliger sein möge!

Romana Echensperger: Von der Freiheit, den richtigen Wein zu machen
Biodynamisches Winzerhandwerk im Portrait
Mit vielen farbiges Fotos von Konstantin Volkmar
Westend Verlag
290 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag
Preis: 32,90 Euro
ISBN 978-3-86489-299-8