Im schau-Talk:
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Christian Ebenbauer

Christian Ebenbauer: „So machen wir Fußball wieder spannend“

Endlich sind die Fans zurück in den Stadien. Das ist die wahrscheinlich wichtigste, wenn auch nicht einzige Neuerung in der Spielzeit 2021/22 der Österreichischen Fußball-Bundesliga. Mehr dazu hat uns Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer erzählt.

Ist alles, was den Fußball gerechter macht, besser? Im exklusiven schau-Interview spricht Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer über die Einführung des Video Assistant Referee, den Kampf um den Meistertitel in der heurigen Saison, wünschenswerte Verbesserungen und neue Partner.

schau: Mit dem Start in die neue Saison sind die Zuschauer wieder in die Stadien zurückgekehrt. Wie hat Corona generell das Fußballerlebnis beeinflusst?

Christian Ebenbauer: Massiv. Fußball ohne Fans ist nicht derselbe Fußball, das haben wir alle gelernt. Nichtsdestotrotz kann man stolz darauf sein und wir können froh sein, dass wir immer die ersten beiden Spielklassen zu Ende spielen konnten. Das muss man so sehen, aber das war das Beste, was man in der Lage machen konnte. Deswegen ist es umso schöner, dass man jetzt wieder Zuschauer begrüßen durfte und dass der Fußball wieder dort ist, wo er hingehört, nämlich mit und bei den Fans. Wenn man fragt, warum man ins Stadion geht, gibt es immer drei Antworten: Da ist natürlich das sportliche Erlebnis, aber an zweiter Stelle kommt immer schon die Emotionalität und an dritter Stelle kommen die sozialen Kontakte. Dass man sich in einer Gruppe ein Match anschaut oder dass man Leute trifft. Deswegen ist das von enormer Wichtigkeit. Hoffentlich bleibt das jetzt auch so.

Wie zufrieden ist die Bundesliga mit der Arbeit des Sportministe­riums in der Pandemie?

Man muss ganz klar sagen: Dass wir jetzt noch 25 Mitglieder in der Bundesliga haben, ist das Verdienst der Regierung und des Sportministeriums mit dem Sportligentopf für die Profiligen in Österreich. Ein großes Danke dafür!

Ist der Zustrom an Zuschauern so, wie man es für das Live-Comeback erwartet hat?

Nach den ersten Runden kann man zufrieden sein. Unser Ziel für die nächsten Jahre ist, dass wir vor ­allem hoffentlich sehr schnell wieder auf die Zuschauerzahlen vor Corona kommen – und dann eine stetige Steigerung pro Klub haben. Corona stellt uns vor zwei Herausforde­rungen. Auf der einen Seite ist der ­Sicherheitsgedanke: Trau ich mich überhaupt ins Stadion, ist es sicher? Und der zweite ist ein finanzieller: Wie viel Geld ist überhaupt noch da bei den Fans für Freizeitaktivitäten und wie geht’s wirtschaftlich weiter?

Wie begegnet die Bundesliga diesen Herausforderungen?

Wir haben einen Mehrstufenplan. In den vergangenen eineinhalb Jahren haben wir immer daran gearbeitet, spielen zu können – kurz „return to play“. Dann hieß es „return to stadium“. Da ist man jetzt seit ­einem Jahr dran – und zum heurigen Ligastart war es endlich wieder so weit. Im Vorfeld ist es natürlich darum gegangen, entsprechende Marketing-Aktionen zu setzen, mit den Klubs, den Landesverbänden und dem ÖFB. Es geht aber nicht nur darum, die Fans wieder ins Stadion zu bringen, sondern auch die Kinder zurück aufs Feld. Dass sie wieder spielen dürfen und zu den Klubs kommen.

Neu ist ab der heurigen Saison der „Airbag“ für Schiedsrichter in der höchsten Spielklasse. Der Video Assistant Referee (VAR) ist für viele kein einfaches Thema. Wie fällt das erste Resümee aus?

Bei allen emotionalen Diskussionen ist das erste Resümee positiv. Vor allem, wenn man beachtet, wie schnell es gegangen ist, dass man in Situationen kommt, in die man ­eigentlich nie kommen will. Bereits am ersten Wochenende hatten wir ziemlich alle Thematiken, die man beispielsweise aus der Deutschen Fußball-Liga oder aus der Europameisterschaft kennt. Uns ist bewusst, hier gibt es noch viel Optimierungspotenzial. Klar ist auch, dass es nicht zu lange dauern darf, bis die Zahnrädchen perfekt ineinandergreifen. Die Dauer der Checks muss internationales Niveau erreichen, also zwischen 35 und 70 Sekunden liegen. Mehr als drei Minuten bei der Partie Sturm Graz gegen Red Bull Salzburg sind definitiv zu lang. Derzeit gilt für die Schiedsrichter das Motto „Richtigkeit geht vor Schnelligkeit“. Aber wir hoffen, dass sich das besser einspielt und dann in Zukunft schneller gehen wird.

Wie begegnet die Bundesliga der Kritik am VAR?

Der erste Punkt, den Sie gesagt haben, ist ein sehr wichtiger, nämlich „Airbag“. Und genau dieses Bewusstsein muss man jedem Fan und jedem Zuseher vermitteln. Dass es ein Airbag ist, der eben nur in gewissen Situationen aufgeht. Bei Gelben Karten etwa gibt es keinen Video-Schiedsrichter. Er kommt nur in folgenden vier Situationen zum Einsatz: Rote Karte, Elfmeter, Tor und Spielerverwechslung. Auch die Fans sollten diese Regeln kennen. Daher ­haben wir im vergangenen Monat gemeinsam mit dem ÖFB massiv in den Know-how-Transfer zu den Fans investiert. Sei es über eine ­eigene Homepage, ein Schiriquiz oder über unseren Partner Sky, der etwa auch in seinen Fußball-­Sendungen dieses Wissen vermittelt. Was man keinesfalls vergessen sollte: Wir sind im Fußball traditionell puristisch veranlagt, aber wir vergessen dabei immer, dass die Zuseher ­gerade in den ­vergangenen zwanzig Jahren mit der Digitalisierung immer mehr Kamera- und Slow-Motion-Einstellungen ­haben, immer mehr Bilder geliefert bekommen – sei es jetzt übers Handy, über die Videowall oder im Fernsehen. Der Schiedsrichter auf dem Feld hat das alles nicht gehabt. Jetzt ist da zu­mindest ein bisschen ein Ausgleich ­entstanden.

In der aktuellen Ligasaison geht die Jagd auf Serienmeister Red Bull Salzburg wieder los. Wie spannend wird der Kampf um die Spitze diesmal werden?

Hoffentlich sehr spannend, denn die Spannung ist ganz wichtig im Fußball. Niemand findet es interessant, wenn immer derselbe gewinnt. Mit der Ligenformatsänderung wollten wir vor allem zwei Dinge ­erreichen: Homogenität und Wettbewerb. Das ist uns aus unserer Sicht auch sehr gut gelungen. Bis auf den einen Punkt, dass wir einen Serienmeister haben. Die Entscheidungen zwischen zweitem und letztem Platz sind immer sehr knapp, sowohl in der höchsten als auch in der zweithöchsten Spielklasse. Selbst beim Kampf um den Meistertitel fällt die Entscheidung Gott sei Dank immer sehr spät. Aber dadurch, dass Red Bull Salzburg sportlich so gut ist, hat man sowieso ­immer das Gefühl, dass Red Bull ­gewinnt. Die Frage lautet daher: Wie schaffen wir es, dass die anderen Klubs an Red Bull Salzburg herankommen? Das gilt sowohl in sportlicher als auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Zu sagen, Red Bull Salzburg ist zu stark, ist der falsche Weg. Immerhin haben wir einen Platz zehn in der UEFA-Wertung – und das ist nicht nur Red Bull Salzburg zu verdanken, sondern auch Rapid, LASK und auch den Leistungen von Altach oder Hartberg. Es beweist, wie gut es international läuft, wenn die Liga halbwegs homogen ist und jeder jeden schlagen kann. Das ist der Weg. Allerdings hängt der nicht nur von Österreich, sondern auch von den internationalen Bewerben ab: Red Bull Salzburg hat in den vergangenen zwei Jahren pro Jahr quasi aus der Champions-League-Teilnahme genauso viel Geld erhalten, wie die Österreichische Fußball-Bundesliga insgesamt an Mediaerlösen hat. Dass es schwierig ist, das irgendwie aus­zugleichen, ist klar.

Admiral ist neuer Bundesliga-Partner und Durchblicker für den VAR. Welche Benefits bringen diese Kooperationen mit sich – abgesehen von den monetären?

Mit Admiral bin ich persönlich sehr happy, weil es ein österreichisches, 30 Jahre altes Unternehmen ist. Außerdem haben wir jetzt einen Generalsponsor für beide Ligen. Eine wirklich positive Neuerung, die für Einigkeit in der Bundesliga sorgt. Ich hoffe, dass es auch für Admiral der richtige Schritt gewesen ist. Immer, wenn Verträge auslaufen, treten wir mit unserem Angebot an den Markt heran, suchen Partner und waren in dem Fall glücklich, uns gefunden zu haben. Gleiches gilt für Durchblicker als Sponsor für den Video-Schiedsrichter. Schiedsrichter sind ja grundsätzlich ein sehr schwer zu besetzendes Thema für Sponsoren. Die Schiedsrichter ­haben ein schwieriges Standing. Wir alle kennen die teils deftigen Sprüche aus den Stadien. Dabei beachtet niemand, wie schwierig ihre Rolle eigentlich ist. Der Video-Schiedsrichter hat den Vorteil, dass er grundsätzlich positiv besetzt ist, weil er in brenzligen Situationen die ­sichere Entscheidung bringt. Das war auch der Grund, weshalb wir Durchblicker für dieses Sponsoring begeistern konnten. Der Video ­Assistant Referee bringt den Durchblick – hier gleichen die Ziele der Bundesliga jenen des sponsernden Unternehmens.

Der Sky-Vertrag wurde ebenfalls verlängert.

Die Medienrechte sind ein eigener Bereich und vor allem der schwierigste und größte Brocken, auch in der Zentralvermarktung. Die Medienrechte in Österreich sind – insbesondere was den Pay-TV-Markt betrifft – äußerst schwierig. Man kann es mit folgenden einfachen Worten ausdrücken: Die Deutsche Bundesliga versteigert Rechte, wir verkaufen Rechte. Das ist ein Riesenunterschied in der Darstellung, genauso beispielsweise bei Europameisterschaften. Da geht es normalerweise nicht darum, dass man Wettbewerb hat, sondern dass man Wettbewerb schafft. Dass wir die ­Attraktivität unseres Produkts quasi in den Markt bringen und auch veräußern können. Das ist 2017 mit ­einem großen Schnitt, mit einer großen Erneuerung im österreichischen Fußball aus meiner Sicht sehr gut gelungen, unter Beachtung der Faninteressen – Stichwort Free-TV. Dank des damaligen Vertrags hatten wir auch eine Möglichkeit zur Optionsverlängerung – und die haben wir jetzt auch gezogen. Sowohl Sky als auch wir sind sehr glücklich, dass wir diesen Weg weitergehen und weitere Schritte setzen können.

Was werden die größten Herausforderungen für die Österreichische Bundesliga in den kommenden Jahren sein?

Wir müssen darauf schauen, dass unsere Bewerbe spannend sind und bis zum Schluss spannend bleiben. Das ist immer eine Herausforderung mit den Mitteln, die wir zur Verfügung haben, eben zum Beispiel über die Regulative. Der zweite wichtige Aspekt ist der internationale Erfolg. Was die österreichischen Klubs in den vergangenen Jahren geleistet haben, ist großartig. Diesen Erfolg beizubehalten und zu sichern, das wird die größte Herausforderung sein. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, dass wir im Herbst zwei Klubs in der Gruppenphase haben und auch im Frühjahr zumindest einen. Außerdem wollen wir in Österreich fertig ausgebildete Spieler weiterhin in die Top-5-Ligen bekommen. Das ist wichtig für unser Nationalteam, das die Lokomotive des Sports und des Fußballs in jedem Land ist. Eine große Rolle spielt ­auch die Fußballpyramide: Wie stellt sich der Fußball als Volkssport Nummer 1 in Österreich dar? Hier geht es darum, Schnittstellen zu schaffen zwischen Profitum, Amateurklasse und weiter ­hinunter in den Breitenfußball. Alles muss perfekt miteinander verzahnt sein, die Übergänge müssen passen. ÖFB, Bundesliga und die Landesverbände haben das sicherzustellen. Derzeit, das sage ich offen, finde ich es nicht richtig, dass in der dritten Leistungsstufe unterschiedliche Bewerbe in Österreich gespielt werden. Hier braucht es Einheitlichkeit, um junge Spieler in die Spitze zu bekommen. Das ist eine der Hauptaufgaben für die Zukunft.

Vielen Dank für das Gespräch!