Im schau-Talk:
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Matthias Jaissle

Cheftrainer Matthias Jaissle: Selbstläufer gibt es nicht

Nach dem Wechsel von Red Bull Salzburg-Trainer Jesse Marsch zu RB Leipzig im Frühjahr führt seit der aktuellen ­Bundesliga-Saison Matthias Jaissle Regie bei der Bullen-Elf. schau hat mit ihm über seine Ziele gesprochen.

In der Österreichischen Fußball-Bundesliga gilt der FC Red Bull Salzburg als das Maß aller Dinge. Zumindest in den vergangenen Jahren war das so. Die Latte liegt also sehr hoch für den neuen Chefcoach. Bundesliga-Meister, UNIQA ÖFB-Cupsieger, Champions League-Gruppenphase – ein Blick auf die bisherigen Erfolge macht durchaus demütig. Der Erwartungsdruck ist freilich groß, doch Matthias Jaissle nimmt die Herausforderung gerne an: „Es überwiegt ganz klar die Freude, Trainer beim FC Red Bull Salzburg zu sein. Und dass es auf diesem Niveau Druck gibt und die Erwartungen hoch sind, ist einfach Teil des Jobs.“

Bullen – bissig und aggressiv

Bereits in den ersten Runden war zu erkennen, dass der FC Red Bull Salzburg mit noch mehr Power und Aggressivität als in der vergangenen Saison auftritt. Lässt sich daraus schon die individuelle „Handschrift“ des neuen Trainers ablesen? „Wir hatten eine sehr gute Vorbereitung und konnten mit einer Mannschaft, die doch einen eher großen Umbruch erlebt hat, intensiv und ­konzentriert arbeiten“, so Matthias Jaissle. „Dass man jetzt schon sehr klar sieht, für welchen Fußball wir stehen, freut uns natürlich. Aber wir wissen auch, dass die Saison gerade erst begonnen hat und wir noch viele Herausforderungen vor uns haben. Wir können das schon ganz gut einordnen.“ Dass in Salzburg Titel und Erfolge gefordert, ja fast erwartet werden, ist nach übermächtigen Performances klar. Doch welche ­Erwartungen hat Matthias Jaissle für die heurige Saison an sein Team? Wie will er die Bullen weiterent­wickeln? „Klar wollen wir an diese ­Erfolge anknüpfen. Und wir wollen auch wieder die Gruppenphase der Champions League erreichen. Dafür werden wir sehr hart arbeiten, wissen aber auch, dass das kein Selbstläufer ist. Mit Bröndby wartet ein sehr guter Gegner auf uns. Das wird ein Duell auf Augenhöhe, bei dem Kleinigkeiten entscheiden werden.“

Der FC Red Bull Salzburg war in den vergangenen Jahren stets dafür prädestiniert, absolute Topspieler zu entwickeln und weiterzuverkaufen – Erling Haaland und Patson Daka sind dafür zwei perfekte Beispiele. Auch heuer kamen wieder einige Youngsters nach. Da fällt einer besonders auf: Benjamin Sesko. Kann der slowenische Offensivmann eine ähnliche Entwicklung nehmen wie seine Vorgänger?

Wo Topspieler heranreifen

„Wir haben etliche junge Spieler in unserem Kader, von denen viele in den bisherigen Spielen eine gute Figur gemacht haben. Benjamin Sesko ist nur einer davon“, sagt Matthias Jaissle. „Er hat viel Potenzial, ist aber noch jung und bekommt bei Red Bull Salzburg die Zeit, die er braucht, um sich zu entwickeln.“

Neue Saison bringt viel Neues

Die neue Bundesliga-Saison hat auch ­einige Regelneuerungen mit sich ­gebracht. Mehr dazu lesen Sie im Interview mit Bundesliga-­Vorstand Christian Ebenbauer im ­Anschluss an diese Story. Fünf Spielerwechsel in drei Spielunterbrechungen – exklusive Halbzeitpause – sind auch weiterhin möglich und die Handspielregel wurde wieder einmal upgedatet. Wie nehmen das Betreuerteam und die Spieler die beiden Regeländerungen auf? Matthias Jaissle: „Die Regelung mit den Spielerwechseln ist ja nichts Neues. Ich bin ein Trainer, der dies sehr gerne nutzt. Und die Handspielregelung ist insgesamt ein extrem heikles Thema. Deshalb weisen wir unsere Spieler einfach an, den Fußball so selten wir möglich mit der Hand zu spielen.“ (Lacht)

Bleibt zum Schluss noch die Frage nach dem Video Assistant Referee, kurz VAR, der endlich in Österreich angekommen ist. Bereits in den ­ersten Spielrunden galt es für ihn, einige heikle Situationen zu klären.

„Da warte ich lieber länger“

Wie beurteilt Matthias Jaissle dieses Hilfsmittel und wie fällt sein bisheriges Resümee aus? „Weil der Video Assistant Referee den Fußball fairer macht, erachte ich ihn als ein sinnvolles Hilfsmittel. Und wie in allen anderen Ländern gibt es auch in Österreich noch ein paar Startschwierigkeiten. Aber selbst wenn es emotional manchmal schwierig ist, bei einer Entscheidung zuwarten zu müssen, so ist diese Zeit doch sinnvoll investiert. Ich warte lieber eine Minute länger und habe dafür eine korrekte Entscheidung.“

Wer ist Matthias Jaissle?

Geboren 1988, aufgewachsen in ­Neckartailfingen, südlich von Stuttgart. Im Alter zwischen 13 und 18 Jahren spielte er beim VfB Stuttgart, danach beim damaligen Regionalligisten TSG Hoffenheim. Zahlreiche Verletzungen und ein Achillessehnenriss zwangen ihn zu einem jähen Karriereende im Alter von nur 26 Jahren. Umgehend begann Jaissle seine Trainerkarriere, die ihn zunächst nach Leipzig führte. Später wechselte er nach Dänemark, als Cotrainer beim Erstligisten Bröndby IF. Zu Beginn der Spielzeit 2019/20 wurde er Trainer der U18 in der Red Bull Fußball-Akademie und übernahm im Winter den Job als Trainer des FC Liefering. In dieser Funktion gewann er acht seiner zwölf Partien. Mit Ende der Bundesliga-Saison 2019/20 folgte er Jesse Marsch als Cheftrainer der Bullen nach.