Burgenländische Hilfe für die Ukraine: Yes, we care!
Zahlreiche Familien standen nach der Flucht aus der Ukraine vor dem Nichts. Umso schöner, dass die Burgenländer einmal mehr Zusammenhalt beweisen und helfen. schau hat Helfer und Vertriebene in Apetlon und Bernstein getroffen.
„Die Ruhe hier tut uns allen gut“, sagt Viktoriia Moskalyk. Die Kiewerin ist nach der Flucht mit ihren drei Kindern und weiteren 15 Vertriebenen in der Jugendherberge Storchennest in Apetlon aufgenommen worden. „Für mich ist es eine Lektion der Güte. Die Menschen hier geben uns so viel, ohne dass wir ihnen etwas zurückgeben können“, erklärt die 38-jährige Psychologin. Im Burgenland fühlt sie sich an ihre Kindheit auf dem Land erinnert: die Natur, die Vögel, die bereits am Morgen zwitschern und die Stille am Abend, wenn die Sonne untergegangen ist. Ihre Kinder Nastia (5), Vova (9) und Nikita (12) gewöhnen sich langsam in Österreich ein. „Ich habe ihnen erklärt, dass in der Ukraine Krieg herrscht. Aber sie haben ihn nicht gesehen. Keine Toten, keine Bomben und nicht die Zerstörung. Dafür bin ich sehr dankbar.“ Die Sprachbarrieren meistern die Kinder tapfer. Nikita kann sich gut verständigen, denn er und seine neuen Schulkollegen können Englisch miteinander sprechen. Nastia setzt beim Spielen im Kindergarten – wie eigentlich alle Kinder – vor allem auf Körpersprache. Am schwierigsten ist es für Vova, der in der Ukraine noch kein Englisch gelernt hat. Dafür beteiligt sich der leidenschaftliche Fußballspieler eifrig am Training des SC Apetlon.
Das Burgenland geht voran
Alleine bis Mitte März wurden 625 Menschen aus der Ukraine im Burgenland aufgenommen, vorwiegend Frauen und Kinder. Wie Viktoriia und ihre Kinder wurden die Flüchtlinge mit offenen Armen empfangen und auf vielfältige Weise unterstützt – dafür sorgen unter anderem Organisationen wie die Caritas, das Rote Kreuz, SOS Kinderdorf und die Volkshilfe sowie Service- und Beratungsstellen wie jene der Krisenintervention. Auch Privatpersonen helfen eifrig mit. Sie spenden, stellen Quartiere zur Verfügung oder fungieren als Dolmetscher. „Die menschlichen Schicksale, die mit diesem Krieg verbunden sind, können uns nicht kalt lassen. Ich bin dankbar für die große Hilfsbereitschaft der burgenländischen Bevölkerung und möchte mich bei allen bedanken, die hier ihren Beitrag leisten. Wir ziehen an einem Strang“, so Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, der auch die Vorreiterrolle des Burgenlands betont: „Nach Ausbruch des Kriegs haben wir keine Sekunde gezögert und sofort zielgerichtete Maßnahmen ergriffen, um den unschuldig Vertriebenen zu helfen. Das Burgenland ist einmal mehr vorangegangen.“
Alle helfen mit
Ein paar Beispiele gefällig? Das Rote Kreuz war – wie auch schon bei der Flüchtlingskrise 2014 – bei den Pannonia Fields an der ungarischen Grenze vor Ort, um mit Verpflegung und Feldbetten zu unterstützen. In der Sportmittelschule Frauenkirchen organisierten die Mitglieder des Schülerparlaments eine Sammelaktion. 600 Euro wurden dabei gespendet. Der Leiter des Schülerparlaments, Thomas Kurcsis, ist stolz auf die Kinder: „Das Spendenprojekt wurde einstimmig angenommen und von den Schülern mit Begeisterung durchgeführt.“ Unterstützung gibt es auch aus der Musik-Szene. Schlagerstar Kurt Elsasser produziert mit seinen Musikerkollegen eine CD, deren Erlös gespendet werden soll. Mit dabei war auch die Volksschule in Schattendorf. Die Kinder der zweiten Klasse haben sich als Picassos versucht und das Cover gestaltet. Dieses vermittelt eine eindeutige Botschaft gegen den Krieg.
Schützende vier Wände
Auch die Oberwarter Siedlungsgenossenschaft (OSG) hat schnell auf die Lage in der Ukraine und die daraus resultierenden Flüchtlingsströme reagiert. „Gleich, nachdem der Aufruf des Landes nach Quartieren kam, war für uns klar, dass wir mithelfen, erzählt Obmann und Vorstand Alfred Kollar. Besonders betroffen machte ihn ein Video, in dem Hunderte ukrainische Kinder dicht gedrängt und mit Verzweiflung in den Augen in einem U-Bahn-Schacht stehen. „Ich habe selbst zwei Enkelkinder. Auch deshalb sind mir die Bilder sehr nahe gegangen und haben mich stark berührt. Wenn ich mir vorstelle, dass das meine Kinder sein könnten, die so leiden, stellt sich für mich keine Frage mehr, ob man helfen soll.“ 43 Wohnungen hat die OSG vom Markt genommen und unentgeltlich an die Vertriebenen vermittelt. Teilweise waren es Neubauten ohne Vormieter wie in Mogersdorf, teilweise durch Umzüge frei gewordene Wohnungen. Inzwischen haben über 160 Geflüchtete in OSG-Gebäuden Zuflucht gefunden. Durch die Zusammenarbeit mit der Diakonie Burgenland unter der Leitung von Sieglinde Pfänder konnten auch Betten und dringend benötigte Hygiene- sowie Sanitärartikel zur Verfügung gestellt werden.
Freude nach dem Schock
Alfred Kollar erzählt von den ersten Momenten der Flüchtlinge im Burgenland: „Ich war gleich nach ihrer Ankunft in Deutsch Kaltenbrunn vor Ort. Die meisten Menschen standen unter Schock. Aber als sie dann die Wohnungen sahen, die wir in einer Nacht- und Nebelaktion bezugsfertig gemacht hatten, war die Freude groß. Ihre Begeisterung über ein richtiges Bett und darüber, sich wieder waschen zu können, war unbeschreiblich.“ Auch die Gemeinden waren von der Aktion beeindruckt. „Ohne Frage konnte durch die Mitarbeit der OSG einiges bewegt werden. Ich freue mich, dass meine Gemeinde einen Beitrag dazu leisten kann, um zu zeigen, dass Gemeinschaft über die Grenzen hinausgeht“, meint etwa Renate Habetler, Bürgermeisterin von Bernstein. In der Marktgemeinde sind 47 Flüchtlinge untergekommen, 25 davon in Wohnungen der OSG. Auf die Frage, wie lange die Wohnungen zur Verfügung gestellt werden, macht Alfred Kollar klar: „Solange der Krieg andauert, werden Möglichkeiten gefunden, um den ukrainischen Gästen weiter Wohnmöglichkeiten zu bieten.“
Traum von der Rückkehr
Und wie geht es mit Viktoriia und ihren drei Kindern weiter? Besonders schwer für die Familie ist, dass Papa Juri noch immer gemeinsam mit den Hunden Lucky und Elli in Kiew ist. Wäre es nur um Viktoriia gegangen, wäre sie geblieben. Aber sie ist Mutter und ihre Kinder sind hier in Sicherheit. „Mein größter Wunsch für mich und meine Kinder ist, so schnell wie möglich nach Hause zurückkehren zu können“, erzählt sie. In der Zwischenzeit passen die Burgenländer gut auf sie auf und geben ihnen alles, was sie benötigen.
Alle aktuellen Infos
Auf der Website findet sich eine erste Deutschfibel und ein Welcome-Video. Wichtig: auch in ukrainischer Sprache besuchbar.