“Beim Abtippen fluche ich”, Bernhard Aichner im Gespräch
Wenn Ingrid Noll, die erfolgreichste deutsche Krimi-Autorin, einen Thriller nicht mehr aus der Hand legen kann, muss er schon besonders sein. Die Rede ist von Bernhard Aichners „Die Totenfrau“, ein Buch, mit dem der Innsbrucker Autor monatelang die Bestsellerlisten anführte und das in 16 Länder verkauft wurde. Mittlerweile hat Aichner eine Sammlung an Thrillern herausgebracht, die sich lesen lässt. Dazwischen fasziniert er mit romantischen Romanen, wie zuletzt mit „Kaschmirgefühl“. Vor Kurzem ist sein neuer Thriller „Der Fund“ herausgekommen. schau hat den Autor zum Interview gebeten.
schau: Man nehme einen Mord, eine Brise Eifersucht … Herr Aichner, können Sie uns verraten, welche Zutaten ein perfekter Thriller braucht?
Bernhard Aichner: Nun ja, ich mache nichts nach Rezept, sondern aus dem Bauch heraus, egal ob beim Kochen oder beim Schreiben. Das geht beim Backen übrigens immer daneben, sonst funktioniert es. Ich habe keine Anleitung für meine Geschichten. Am Anfang ist es einfach ein Gedanke im Kopf. Bei „Der Fund“ war es zum Beispiel die Frage, was ich tun würde, wäre da plötzlich ein Koffer voller Geld am Straßenrand. Dann beginnen die Räder zu laufen und ich stürze mich in die Geschichte.
Beginnen Sie sofort darauf loszuschreiben?
Nein, zuerst spielt sich alles in meinem Kopf ab. Bevor ich den Stift ansetze, weiß ich bereits, wie die Geschichte endet. Zu 80 Prozent ist alles vorher fixiert, 20 Prozent Spielraum lasse ich offen. Die Struktur steht für mich fest. Es wäre einfach ärgerlich, wenn ich erst auf Seite 140 draufkomme, dass das alles nicht aufgeht.
Wie viel Bernhard Aichner steckt in den Büchern?
Ganz viel! Ich bin ja mit Herzblut dabei. Natürlich haben auch die Figuren meine Eigenschaften. Es steckt ganz viel Liebe drinnen, Wut, Leidenschaft, Hass, alles, was ich auch habe und bin. Ich lebe mit ihnen und durchlebe alles. Ihr Schicksal geht mir nah, ich fühle mit ihnen, sie berühren mich. Ich glaube, dass nur so auch die Leser berührt werden können.
Wir müssen uns aber keine Sorgen machen, dass Sie die Geschichten selbst erleben?
Nein, keine Angst. Das ist alles nur in meinem Kopf. In der Wirklichkeit führe ich ein unspektakuläres Leben, gehe mit dem Hund spazieren, bin Familienmensch und reise gern.
Wie kommen Sie auf die Inhalte Ihrer Bücher? Was inspiriert Sie?
Ich bin ein leidenschaftlicher Beobachter und extrem neugierig. Da ich auch fotografiere, sehe ich Dinge, die anderen vielleicht gar nicht auffallen, und frage mich sofort, was da passiert ist und wie es dazu gekommen ist. Und ich rede viel mit Leuten, höre gern zu. Fast jeder freut sich, wenn sich wer interessiert. Es ist bereichernd, vom Leben oder der Arbeit anderer zu erfahren. Manchmal kommt es mir vor wie so eine Art Schnupperlehre, die ich machen darf.
Wie war das bei Ihrem neuen Buch, können Sie uns dazu etwas verraten?
Es geht um eine Supermarktangestellte namens Rita, die Kokain in einer Bananenschachtel findet. Am Anfang stehen ihr Tod und ein Polizist, der den offiziell abgeschlossenen Fall untersucht.
Es gab tatsächlich schon öfter Kokainfunde in Bananenschachteln …
Richtig, das kommt tatsächlich vor. Ich habe dazu viel recherchiert. Was mich aber vor allem interessiert hat, war die Frage, wie jemand, der mit seinem Leben nicht zufrieden ist und für den das vielleicht die allerletzte Chance ist, damit umgeht. Lässt man sich verführen? Und was passiert dann?
Neben Krimis und Thrillern schreiben Sie auch Romane, zuletzt „Kaschmirgefühl“. Ist das eine Art Ausgleich zum Thriller?
Es macht mir Spaß, zwischendurch ein unblutiges Buch zu schreiben, dann freue ich mich auch wieder auf eine Kriminalgeschichte.
Sie schreiben mit der Hand. Warum?
Handschrift fasziniert mich, ich beschäftige mich mit Kalligrafie. Die Erstfassung schreibe ich immer mit der Hand. Tippen ginge schneller, es ist dann auch viel einfacher, etwas zu löschen oder einzufügen. Beim Schreiben mit der Hand muss ich hingegen viel mehr überlegen und genau nachdenken, bevor ich es wirklich hinschreibe. Die Langsamkeit hat sich bewährt. Allerdings fluche ich beim Abtippen umso mehr. Manchmal kann ich meine Schrift wirklich nicht mehr lesen.
Was bedeutet Schreiben für Sie?
Schon mit 14 habe ich – damals allerdings ganz fürchterliche – Liebesgedichte geschrieben und davon geträumt, einmal Schriftsteller zu sein. Es braucht nur einen Stift und Papier und kann so viel erfinden und in ganz neue Welten hineintauchen. Alles ist erlaubt und möglich.
Der Autor und sein Werk
Bernhard Aichner wurde 1972 in Innsbruck geboren. Mit seinem Rache-Thriller „Totenfrau“ gelang ihm 2014 der internationale Durchbruch. Am 10. November präsentiert er sein neues Buch „Der Fund“ bei der Buch Wien.
Lust bekommen in das neue Buch “Der Fund” von Bernhard Aichner hineinzuschnuppern?
Hier finden Sie mehr Infos dazu: bernhard-aichner.net