Ana Milva Gomes im schau-Interview: „Ich liebe es, Mama zu sein!“
Im Musical CATS ist sie die Diva, die ihren besten Zeiten nachtrauert. Im echten Leben ist Ana Milva Gomes auf ganzer Linie erfolgreich. Ein Gespräch über das Mamasein, mysteriöse Katzen und die Traumrolle.
Ana Milva Gomes gehört zu den beliebtesten Musical-Darstellerinnen im deutschsprachigen Raum: Egal ob als Donna in „Mamma Mia!“, als Deloris van Cartier in „Sister Act“, als Maria Magdalena in „Jesus Christ Superstar“ oder aktuell als alternde Katzen-Diva Grizabella in „CATS“ (Wiener Ronacher): Die gebürtige Holländerin erobert mit ihrer unvergleichlichen Bühnenpräsenz, ihrem Charisma und der engelsgleichen Stimme die Herzen des Publikums im Sturm. Ihre Traumrolle hat sie aber abseits der Bühne gefunden: 2020, mitten im Corona-Lockdown, wurde Gomes Mama einer Tochter. Wir erreichen die wandelbare und durchwegs sympathische 41-Jährige am Telefon während ihres Urlaubs in Holland.
Ein paar Monate nach der Geburt Ihrer Tochter Isabella Rose haben Sie in einem Interview gesagt, Sie seien dauermüde …
Ana Milva Gomes: Und daran hat sich nix geändert! (Lacht) Auch in meinem Urlaub bei meinen Eltern hat es zwei Wochen gedauert, bis ich mich entspannen konnte. Ich bin ständig im Mami-Modus und sozusagen in Alarmbereitschaft. Ich versuche zu schlafen, wenn sie schläft, aber immer klappt das nicht, da ja auch andere Dinge zu erledigen sind. Als Mama eines kleinen Kindes zu entspannen ist sehr, sehr schwierig.
Die Mutterrolle scheint Ihnen aber dennoch sehr zu liegen.
Total! Ich liebe es, Mama zu sein, auch wenn ich noch nie in meinem Leben so müde war. Es macht mir sehr viel Spaß. Auszeit vom Mami-Modus und Entspannung finde ich mittlerweile sehr stark in meiner Arbeit. Während des zweiten Akts in „CATS“, in dem ich ja nicht allzu viel auf der Bühne bin, ist meine Garderobentür immer offen und ich genieße es dann sehr, mit meinen Kollegen zu plaudern – und zwar nicht in Babysprache! (Lacht)
Man sagt, dass man erst weiß, was wahre Liebe bedeutet, wenn man Mama oder Papa geworden ist. Stimmt das?
Wenn ich das früher gehört habe, habe ich immer mit den Augen gerollt – aber es stimmt halt tatsächlich! (Lacht) Ich könnte Isabella Rose den ganzen Tag einfach nur beobachten. Wenn sie mal nicht bei mir ist – und sei es, wenn sie im anderen Zimmer schläft –, dann schaue ich mir Bilder oder Videos von ihr an. Manchmal überlege ich, ob das nicht ein bisschen crazy ist … (Lacht) Die Liebe zum eigenen Kind kann man nicht in Worte fassen.
Was haben Sie über sich selbst gelernt, seitdem Sie Mama sind?
Ich bin viel geduldiger, als ich immer dachte. Zudem war ich immer sehr flexibel und spontan, was jetzt natürlich nicht mehr möglich ist. Ich musste wirklich lernen, Dinge wie Treffen oder Urlaube zu planen. Mittlerweile bin ich sehr gut organisiert. Wenn etwas mal nicht wie geplant klappt, hilft mir aber meine frühere Flexibilität sehr. Die Mischung macht’s.
Aktuell sind Sie in „CATS“ zu sehen. Wie schwierig ist es eigentlich, eine Katze zu spielen?
Seien wir ehrlich: Letztendlich sind wir erwachsene Leute mit Kostümen, die versuchen, Katzen zu spielen. (Lacht) Wichtig ist, 100-prozentig hinter dem Projekt zu stehen und alles für diese Rolle zu geben, ohne sich zu schämen. Dafür ist die Probezeit da. Am Anfang sind wir nur auf dem Boden herumgekrabbelt, was durchaus Überwindung kostet – und außerdem haben meine Knie immer geschmerzt! Mein Vorteil ist aber, dass ich vor Jahren im Musical „Tarzan“ gespielt habe, wo ich mich auch schon in ein Tier hineinversetzen musste, nämlich in einen Affen. Irgendwann bist du da einfach drin.
Sind Sie privat eher ein Katzen- oder ein Hundemensch?
Ich bin ein Vogelmensch. Seit ich ein Kind bin, habe ich Vögel als Haustiere – mein erstes Haustier war eine Turteltaube. Bis vor Kurzem wohnten 13 Jahre lang drei Nymphensittiche bei mir. Aber ich habe gemerkt: Schreiendes Baby und kreischende Vögel, das geht einfach nicht. Zudem durften die Vögel bei mir in der Wohnung herumfliegen, was mit Baby zu gefährlich ist. Also musste ich für die Sittiche leider einen anderen Besitzer finden.
Wie kann man sich Ihre Recherchen für „CATS“ vorstellen?
Hunde liegen mir näher als Katzen – einfach, weil ich sie besser verstehe und mit ihnen mehr Erfahrung habe. Bei Katzen weiß man nie, was in ihnen vorgeht. Für „CATS“ habe ich mich mit ihnen natürlich etwas näher beschäftigt und zum Beispiel meine Freundin über ihren Kater ausgefragt – vor allem, als er mich plötzlich biss, nachdem ich ihn gestreichelt hatte. Da wollte ich genau wissen: Wieso tut er das? (Lacht)
Was ist für Sie das Geheimnis hinter dem Erfolg von „CATS“?
„CATS“ ist ein zeitloser Klassiker, der sich immer noch frisch und modern anfühlt. Die Musik ist genial und hat einen großen Wiedererkennungswert – typisch Andrew Lloyd Webber. Entweder man mag „CATS“ oder nicht, aber jeder hat eine Meinung dazu. Zudem erfordert das Stück wahnsinnig talentierte Schauspieler, die auch singen und obendrein perfekt tanzen können. Was meine Kollegen auf der Bühne leisten, ist der Olympischen Spiele würdig! Ich bin jeden Abend aufs Neue begeistert, schaue Backstage oft zu. Nicht zu vergessen natürlich das Bühnenbild, das Licht, die Gesamtinszenierung – alles ein bisschen schräg, aber genau deshalb so faszinierend.
Wie groß ist der Druck, wenn man eine so legendäre Rolle spielt?
Whoopi Goldberg hat mir bei der Pressekonferenz zu „Sister Act“ einen ganz tollen Rat gegeben, den ich bis heute verfolge: „Mach deine ganz eigene Version, schau nicht auf mich!“ Ich höre und sehe mir deshalb während der Probezeit keine früheren Interpretationen von Rollen an, damit ich freier an die Sache herangehen kann und nicht zu stark beeinflusst werde. Erst wenn ich in der Rolle gefestigt bin, beschäftige ich mich damit, wie die Rolle von anderen dargestellt wurde, um mir praktische Tipps zu holen.
Sie haben schon viele große Rollen gespielt. Gibt es noch so etwas wie eine Traumrolle?
(Lacht) Meine Antwort auf diese Frage ist seit Jahren dieselbe: Elisabeth! Das Musical ist schlicht großartig. Ich versuche mindestens bereits genauso lang, den Intendanten der Vereinigten Bühnen Wien zu überzeugen, diese Rolle spielen zu dürfen. Ich mache ihn schon verrückt damit! (Lacht)
Vielen Dank für das Gespräch!