Alles für den Fußball
300.000 gemeldete SpielerInnen, 2.220 Vereine, 9 Landesverbände: Österreichs größter Sportverband, der ÖFB, hat mit KR Gerhard Milletich einen neuen Präsidenten. In schau spricht der Parndorfer über Herausforderungen und Ziele.
Er ist der zweite Burgenländer an der Spitze des heimischen Sports: Mitte Oktober hat KR Gerhard Milletich in der vordersten Reihe des ÖFB Platz genommen – nur zwei Jahre nachdem Ex-Landeshauptmann Hans Niessl die Führung der Österreichischen Bundessportorganisation übernommen hat. Milletich empfindet die Wahl zum ÖFB-Präsidenten als große Ehre. „Ich hoffe, dass ich die an mich gesetzten Erwartungen erfüllen kann.“ Gleichzeitig streut der 65-jährige Burgenlandkroate seinem Vorgänger Leo Windtner Rosen. „Er hat Außerordentliches geleistet. Ich weiß, welchen Einsatz er erbringen musste. Dafür möchte ich ihm herzlich danken.“ Milletich fungierte seit 2012 als Präsident des Burgenländischen Fußballverbands und stand 27 Jahre lang als Obmann an der Spitze des SC/ESV Parndorf. Hauptberuflich führt er als Miteigentümer seit 2004 die Geschäfte des Bohmann Verlags, eines der größten Verlagshäuser in Österreich. Heuer verlegte er einen Teil des Wiener Verlags in seine Heimatgemeinde Parndorf.
In seiner Tätigkeit für Fußball-Österreich sieht er sich als Teamplayer. „Ich bin kein Polterer und auch keiner, der glaubt, immer recht haben zu müssen. Ich höre auf mein Umfeld.“ schau hat mit Milletich über seine neue Funktion gesprochen.
schau: Wie sind die ersten Wochen als ÖFB-Präsident verlaufen?
KR Gerhard Milletich: Es war sehr intensiv, vor allem das große Medieninteresse hat mich beeindruckt. Die ÖFB-Führung rund um Generalsekretär Thomas Hollerer und Medienchefin Iris Stöckelmayr hat mich von Beginn an bestens begleitet und an die To-dos herangeführt. Im Vordergrund stand neben den Planungen für das ÖFB-Kompetenzzentrum in Aspern die Evaluierung der Ist-Situation rund um das A-Nationalteam. Die Mannen rund um Kapitän David Alaba konnten in den vergangenen Spielen ja leider nicht alle Erwartungen – wie bei der durchaus erfolgreichen EURO 2020 – erfüllen.
Wie sieht es derzeit bei der „Baustelle“ A-Teamchef aus?
In der Teamchef-Entscheidung hat ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel „den Lead“. Ich möchte aber, dass ihn Experten flankieren. Es muss hier eine breite Basis geben, zudem muss die fachliche Komponente stimmen. Ich möchte Experten wie zum Beispiel Sportchef Christoph Freund von Red Bull Salzburg und ehemalige Teamspieler einbinden. Vor allem die Ex-Spieler wissen, wie das Business läuft, und kennen die internen Zusammenhänge. Es ist nicht so einfach, Spieler zusammenzubringen, die in ganz Europa spielen. Da müssen wir fachlich und menschlich top aufgestellt sein.
Für das neue Kompetenzzentrum im 22. Wiener Gemeindebezirk gibt es mittlerweile einen Grundsatzbeschluss.
Richtig. Der Spatenstich soll im nächsten Jahr erfolgen. Das nahe der U-Bahn-Linie 2 liegende Zentrum soll dann spätestens im ersten Halbjahr 2024 einsatzbereit sein. Das Projekt umfasst ein Kleinstadion, eine Fußballhalle mit Kunstrasen, zwei Naturrasen- und einen Kunstrasenplatz sowie eine neue ÖFB-Geschäftsstelle. Die Kosten sollten nach derzeitigem Stand ungefähr 56 Millionen Euro betragen, wobei jeweils ein Drittel von Bund, Stadt und ÖFB getragen werden.
Sie haben bekanntlich ein großes Herz für den Nachwuchs. Welche Schritte möchten Sie in diesem Bereich setzen?
Wir haben aufgrund der Corona-Pandemie im Fußball und im Sport generell in den letzten zwei Jahren sehr viele Kinder und Jugendliche verloren. Das stimmt mich sehr wehmütig. Wir müssen zeitnah Akzente setzen und einen längerfristigen Plan ausarbeiten, damit wir die Nationalteamspieler von morgen wieder in die Fußballvereine zurückholen. Ich möchte wirklich alle ins Boot holen, angefangen von den Schulbehörden über die Österreichische Gesundheitskasse und die Politik bis hin zu den Landesverbänden und Vereinen.
Das Thema Nationalstadion findet sich nicht auf Ihrer Prioritätenliste. Ist dieses Vorhaben bis auf Weiteres hinfällig?
Es ist derzeit weit weg, das kann ich sagen. Für ein neues Nationalstadion muss es einen Investor geben. Einerseits für den Bau, andererseits auch für den Betrieb und die Vermarktung. Das zählt nicht zu den Kerngeschäften des Fußballbundes. Aber wenn jemand kommt und sagt „Wir stellen dem ÖFB ein Stadion hin“, dann werden wir nicht Nein sagen.
Vielen Dank für das Gespräch.