Sophie Thun: Dunkelkammer live
Während das Gebäude der Secession für die Besucher geschlossen bleibt, können diese mittels Überwachungskameras das Geschehen in Sophie Thuns Ausstellungsraum in Realzeit auf der Website verfolgen.
Die Dialektik zwischen dem Ort der Produktion und der Präsentation des Werks, zwischen ihrer eigenen Arbeitssituation als Künstlerin und der physischen Präsenz des Körpers sind wiederkehrende Themen im fotografischen Werk von Sophie Thun. Häufig macht sie die Orte, an denen sie ihre Werke ausstellt, zum Ausgangspunkt ihrer Fotografien und zeigt, wie sich ihr Körper in diese einschreibt. Für ihre Ausstellung in der Secession hat Thun diesen Ansatz weiterentwickelt und außerdem für den digitalen Raum adaptiert.
Sophie Thun: Stollberggasse in der Secession
Die Künstlerin richtet sich ihre Dunkelkammer im Ausstellungsraum ein, um alleine vor Ort Fotogramme von allen Gegenständen ihrer Wohnung in der Stolberggasse in Wien herzustellen. Das Inventar, das sie ausbelichtet, reicht von Zahnbürsten und Küchenutensilien über Bücher, Werkzeuge und Büroklammern bis zu Haargummis. Das einzige Ausschlusskriterium ist die Größe der Gegenstände, die dem Medium entsprechend das 8×10″ messende Format eines Großbildnegativs nicht übersteigt.
Neben ihren Arbeitsgeräten und der fortlaufend wachsenden Sammlung schwarz-weißer Fotogramme umfasst ihre Installation auch die mehrteilige Farbfotografie Looking at the Window, Kabinett. Als Trompe-l’Œil bildet es im Maßstab 1:1 jenes Fensters ab, das sich hinter der Fotografie befindet, zur Verdunkelung des Raums allerdings verbaut wurde. Der Ausblick, die Verbindung nach Außen, bleibt Illusion und der Blick wird stattdessen auf den Innenraum zurückgeworfen. Auch die gleichbleibende Tages- und Jahreszeit auf dem Bild lässt sich als ein Zeichen des Stillstands lesen und verweist so auf das Paradigma der Fotografie als angehaltener Moment ebenso wie auf aktuelle Situation des Lockdown.
Während das Gebäude der Secession für die Besucher geschlossen bleibt, können diese mittels Überwachungskameras das Geschehen im Ausstellungsraum in Realzeit auf der Website verfolgen. Wesentlich ist, dass Thun nicht nur die Ergebnisse ihrer Arbeit, sondern auch die Arbeit selbst sichtbar macht und so auf die damit verbundenen Orte, Mechanismen und Performances reflektiert.
Sophie Thun: Stolberggasse
Bis 21. Juni 2020